Tagebuch




Top of Atlanta

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Gabi im Centennial Olympic Park, Atlanta, Georgia

So richtig konnten wir die Vorteile dieser tollen Suite gar nicht nutzen. Die Küche z.B. mit der riesigen Mikrowelle hätte es verdienst gehabt, näher in Augenschein genommen zu werden. Der massige Platz des großen Raumes hilft uns aber sehr, denn es gilt nun nach dem Frühstück, alles in zwei Koffer und das Handgepäck zu verstauen. Ich wundere mich immer wieder, wie Gabi das hinkriegt. Passt aber.

Wir wollen gerade unsere Klamotten ins Auto packen, da ruft Vater an und teilt mit, dass er nach einer Kontrolluntersuchung noch heute ins Krankenhaus und morgen operiert werden muss. Höchste Eisenbahn! Glücklicherweise kann ich ausführlich mit dem Chefarzt telefonieren. Er beschreibt das Problem und beruhigt uns: er bekommt das hin. Super!

Also halten wir 100 Meter vor dem Hotel noch schnell an und fotografieren das Staatenschild von Georgia - goodbye Tennessee. Es sind knapp 2 Stunden Fahrtzeit bis Atlanta; wir tanken noch gerade so viel, dass wir den Wagen gleich mit einer knappen Reserve abgeben können. Dann steuern wir die Downtown Atlanta an. Weil wir noch 2 Stunden zur Verfügung haben, die wir nicht am Airport vertrödeln wollen, stürzen wir uns mitten zwischen die Hochhäuser und stellen den roten Flitzer in einem vorher ausgekundschafteten Parkhaus in der Nähe des Peachtree Centers ab.

Die Einkaufsmall um das Peachtree Center und die über- und unterirdischen Gänge zwischen den Bürohäusern und Hotels sollen einen Besuch wert sein. Acht Häuserblocks sind „luftdicht“ miteinander verbunden und klimatisiert. Auch die Hotels hier sollte man besuchen, denn diese haben allesamt faszinierende Atriumhallen. Wir lassen die aber zunächst links liegen und spazieren vorbei am Hard-Rock-Cafe und dem Riesenrad („The Sky View“) zum sogenannten „Centennial Olympic Park“.

Der 90.000 qm große Park wurde für die olympischen Sommerspiele 1996 angelegt. Heute erinnern der Fountain of Rings, ein großer Springbrunnen in Form der olympischen Ringe sowie die Flaggen aller Nationen, in denen in neuerer Zeit die Olympischen Spiele abgehalten wurden, an das Sportereignis. Natürlich gibt es am Eingang auch die bekannten, bunten fünf Ringe - immer wieder ein schönes Fotomotiv. Der Springbrunnen verändert immer wieder mal die Menge und Frequenz, in der das Wasser aus dem Boden gespuckt wird. Einige Mädels machen sich den Spaß, zwischen den Ringen hin und her zu hüpfen, ohne nass zu werden, was erwartungsgemäß und mit großem Gequietsche nicht gelingt.

Wir schauen der Gruppe etwas zu und schlendern umher bis auf die andere Seite zur College Football Hall of Fame. Das Gebäude besteht u.a. aus einem Komplex, der an einen „abgeschnittenen“ Football erinnert. Coole Architektur.

Nun machen wir uns auf den Rückweg; es ist immer noch etwas Zeit übrig und so gehen wir ins Westin Peachtree Plaza; dieses ist mit 73 Stockwerken eines der höchsten Hotelgebäude der USA. In den drei oberen Stockwerken befindet sich die Aussichtsplattform „The View“. Diese dreht sich alle 50 Minuten um die eigene Achse. Das markante, runde, säulenförmige Hotelgebäude hatten wir eben im Park schon immer im Blick. Gegen einen Beitrag von 10 Dollar pro Person dürfen wir in den Aufzug, der uns in 30 Sekunden in den 72. Stock befördert. Der Aufzug hängt „draussen“ am Gebäude und die Aussicht ist damit schon bei der Auffahrt spektakulär.

Oben gehen wir ganz gemütlich ein mal rum und bewundern die Aussicht. Die Hochhäuser drumherum erscheinen gar nicht mehr so groß. Mächtig kommt allerdings die Mercedes Benz Arena rüber - ein wahrlich futuristisches Gebäude. Am Horizont sehen wir schon die 2 x 7-spurige Autobahn, die uns gleich in 17 Minuten zum Airport leiten wird.

Durch die Hallen des Peachtree Centers mit ihren gigantischen Lampen (Gabi: „Das sind ja fast Heißluftballone!“) gelangen wir zurück zum Parkhaus. Gutes System: es gibt kein Ticket. Bei der Einfahrt habe ich meine Kreditkarte eingelesen, das ist das „Ticket“. bei der Ausfahrt weiß der Rechner, wie lange wir da waren und bucht die Parkgebühr ab.

Apropos Ausfahrt: diese führt auf eine vierspurige Seitenstraße. Nix los. Das Navi will ein mal um den Block, rechts rum. Warum so kompliziert? Ich biege links ab, husche auf die gegenüberliegende Spur und habe schon den Blinker rechts gesetzt, als ich mir überlege, ob ich hier vielleicht in einer Einbahnstraße bin? Jawoll - da ist das Schild. Blöd, aber es sind ja nur wenige Meter, dann ist die Welt wieder in Ordnung - nur kurz rechts abbiegen. Da rollt - ausgerechnet jetzt - von links ein „Freund und Helfer“ heran, blockiert mich, schaut mich an und schüttelt mitleidig mit dem Kopf. Der Cop schaltet sein Rotblaulicht an fährt an den Straßenrand uns ich setze mich brav dahinter. Na also - auf die erste Begegnung mit einem Sheriff haben wir ja schon länger gewartet - wenn wir sie auch nicht herbeigesehnt haben. Es dauert einen Moment, wahrscheinlich checkt er unser Nummernschild. Dann kommt er heraus und ich erkläre ihm, dass wir „da vorne“ in dem Parkhaus waren und es bei der Ausfahrt keinen Hinweis auf die Einbahnstraße gab. Außerdem seien wir auf dem Weg zum Airport und ohnehin gleich weg. Da ich das Ganze mit einer ehrlichen Entschuldigung verbinde, lässt er es dabei bewenden. Er sperrt sogar kurz den nachfolgenden Verkehr, damit ich gut an seinem Polizeiwagen vorbeifahren kann. Glück gehabt!

Es dauert wirklich unter 20 Minuten, dann sind wir im Rental Car Center am Airport. Die Abgabe des Autos ist gewohnt easy. Ich weise noch auf den Steinschlag hin, der versichert ist und darauf, dass das tolle Auto dringend einen Ölwechsel benötigt. Die Warnlampe hatte ich vor über einer Woche ausgeschaltet.

Der Transfer vom Rental Car Center, das sich im „Domestic Airport“-Bereich befindet erfolgt zunächst mit Skytrain zu einem der beiden Terminals des Domestic Airport und von dort mit dem Bus zum International Airport. Eingecheckt hatte ich uns heute morgen schon online, alles verläuft hier wie am Schnürchen - inkl. der Pause an der Bar mit einem letzten Bier und Wein. Unsere Maschine hat eine knappe Stunde Verspätung, die Kapitänin holt aber das Meiste wieder heraus, angeblich haben wir Rückenwind. So sind wir innerhalb von unter 9 Stunden wieder in Frankfurt.

Hier nehmen wir ein Taxi zum Styles-Hotel in Kelsterbach, weil wir nicht noch 45 Minuten auf den kostenlosen Shuttle warten wollen. Es liegen noch 3 Stunden Fahrt vor uns und da sind wir später sicher froh, wenn wir etwas zeitiger zu Hause sind. Das Parkhaus war schon vor der Reise bezahlt und so müssen wir uns nur kurz im Hotel melden, dann können wir unseren Mazda beladen und losdüsen. Die Fahrt verlief ohne besondere Vorkommnisse - von dem Stau aufgrund eines wirklich furchtbaren Unfalls im Kreuz Köln Ost (PKW fast ganz unter LKW verschwunden) mal abgesehen.

Zu Hause ruhen wir uns 2 Stunden aus, dann fahre ich zum Krankenhaus nach Kevelaer. Die OP ist super verlaufen, das hatte mir der Doc schon vor unserer Pause mitgeteilt. Vater ist wohlauf und eben (jetzt ist schon Sonntag) konnte ich ihn schon wieder abholen. Unfassbar, was die Mediziner heute minimalinvasiv vollbringen. Und merke: Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen retten Leben!!

Damit ist alles berichtet von unserer Reise durch die Südstaaten. Zeit für ein kurzes Fazit:

Gabi fragte auf der Fahrt nach Atlanta, was für mich denn so die „Top 3“ dieses schönen Urlaubs waren? Ich habe versucht zu antworten und als erstes fiel mir unsere erste sehr nahe Begegnung mit diesem Alligator zu Beginn unserer Reise ein, auf den Gabi fast draufgelatscht wäre. Das werden wir nie vergessen, diesen besonderen Tieren so nah gekommen zu sein. Dann natürlich das B.B. King Museum, Elvis in Graceland und die Zeit im French Quarter. Aber da war so viel mehr. Gabi wirft ein, dass der Besuch bei Jack Daniels mit Guide und nur einem weiteren Paar so besonders war. Stimmt! Es fallen uns nach und nach so viele Dinge wieder ein, dass wir keine „top 3“ benennen können. Erst gestern im Gespräch mit Birgit kamen wir dann auf diese wunderschöne Monet-Ausstellung in New Orleans - die hatten wir schon komplett vergessen.

Und das ist eben auch ein (!) Grund, warum wir dieses Reisetagebuch schreiben und so viele Fotos machen. Um uns in den kommenden Jahren immer wieder erinnern zu können an diese wunderbare Zeit. Die Antwort auf Gabis Frage ist eigentlich ganz einfach: Das Allerbeste ist, über drei Wochen gemeinsame Zeit verbracht zu haben mit unvergesslichen Eindrücken und das alles ohne besondere Einschränkungen. Wir sind gesund und munter und haben unsere fast 5.000 Kilometer (genau sind es 4.975) unfallfrei hinter uns gebracht.

Die gemeinsame Zeit mit Gabi und die Tatsache, dass wir uns völlig „blind“ verstehen und so perfekt ergänzen machen so einen Urlaub erst möglich und immer wieder zu einem ganz besonderen Erlebnis. Sie erweckt auch unseren kleinen Reisebegleiter immer wieder zum Leben. Wenn Tiny Little Bear auf dem Dashboard tanzt oder uns ins Gespräch mit völlig fremden Leuten bringt, habe ich die Welt im Döschen. Ich liebe diese entspannte gemeinsame Zweit sehr und wenn man mir gesagt hätte, dass wir noch 6 Wochen haben, um bis an die Westküste zu fahren - ich wäre jetzt nicht hier zu Hause. Andererseits haben wir uns natürlich auf all die Lieben hier auch gefreut.

Wir haben tolle Menschen kennengelernt, interessante Gespräche geführt und so viel Neues entdeckt. Dabei fand ich es besonders spannend und gut, wie sehr sich die inhaltlichen Elemente der Reise (Bürgerkrieg, Plantagen, Sklaverei, Rassentrennung, Blues, Jazz, Rock ‚n‘ Roll, Countrymusik etc.) ergänzt haben. Ich hatte jeden Tag den Eindruck, dass mein „Bild“ - auch von den Zusammenhängen - kompletter wird.

Erschreckend waren die Mengen an Plastik, die wir in unserem Urlaub ungewollt „verbraucht haben“. Vielleicht ist es die Folge der Corona-Pandemie, aber in den Hotels beim Frühstück sind die weiterhin unvermeidlichen Plastikgabeln, -messer und -löffel nun auch noch einzeln in Plastik verpackt. Teller und Becher sind ohnehin aus Plastik oder Styropor. Gut, dass wir unsere Yeti-Becher haben und immer wieder mitnehmen, so können wir wenigstens etwas Müll vermeiden. In den großen Städten auf den „Partymeilen“ werden Bier & Co auch fast nur in Plastikbechern verkauft. Wir haben immer geschaut, dass wir vernünftige Gläser bekommen. Aber auch der Wahlkampf ist ein Thema für sich und die Haltung mancher Leute dort drüben. Die Rassentrennung mag formal und optisch überwunden sein - unterschwellig ist aber noch einiges los …

Es war ein komplett anderer USA-Urlaub als sonst mit all den Museen etc. Und: nein, wir haben immer noch nicht genug von diesem Land. In den letzten Tagen haben wir schon mal überlegt, wohin es uns denn 2025 ziehen könnte, wenn wir gesund und die Welt halbwegs in den Fugen bleibt? Eins ist klar: es wird der „Wilde Westen“ sein, der uns ruft!

Die letzten 4 Wochen möchte ich um nichts in der Welt missen - davon werden wir noch lange zehren. Danke für das Interesse, auch an den Bildern. Ach ja: kurz vor dem Urlaub habe ich mir noch gebraucht dieses tolle Reisezoom (24-120 mm/f4) gekauft. Es war mir ein treuer Begleiter an meiner D750 und ich konnte so das Gewicht der Fotoausrüstung deutlich mehr als halbieren. Man wird ja nicht jünger …

Bleibt alle gesund und munter, wir freuen uns auf persönliche Begegnungen und darauf, irgendwann wieder ein Reisetagebuch beginnen zu können mit „Vorfreude!“

Tagesetappe: 191 Kilometer gefahren, 7.409 Kilometer geflogen, 262 Kilometer gefahren
Übernachtung: Lufthansa

Frühling in Chattanooga

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Gabi im Chattanooga National Military Park, Chattanooga, Tennessee

Nach dem Frühstück brechen wir auf. Morgen fliegen wir ab Atlanta in die Heimat und es musste ein Zwischenstopp her, der einerseits nicht zu weit von Atlanta entfernt ist und andererseits auch noch eine Kleinigkeit zu bieten hat. So fiel die Wahl auf Chattanooga.

Gegründet wurde die Stadt am Tennessee River 1835 als Handelsposten von Cherokee Indianern. Nachdem die Indianer 1838 gezwungen worden waren, die Stadt zu verlassen (auf dem sog. „Trail of Tears“) wurde sie von weißen Siedlern „übernommen“ und erhielt ihren heutigen Namen. Mehrere Eisenbahnlinien und Straßen machten die Stadt schon 1860 zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt - was auch die Unionstruppen im Bürgerkrieg zu schätzen wussten. 1899 wurde hier die erste große Coca-Cola-Abfüllanlage errichtet.

Gegen 12:30 Uhr erreichen wir nach einer ruhigen, musikalischen Fahrt unser Hotel. Das Zimmer ist schon fertig, prima! Es ist eine Art Suite mit Küche und vor allem viel Platz. Letzteres war uns wichtig, weil hier unsere Koffer für die Rückreise gepackt werden müssen. Das ist immer ein ziemlicher Akt, weil über 3 Wochen „Leben aus Koffer und Auto“ zusammengepackt und in zwei Koffer verfrachtet werden müssen. Gabi hat da die Ruhe weg und den Dreht raus - wie bei so Vielem.

Um diese Dinge kümmern wir uns aber zunächst überhaupt nicht. Das Wetter ist super, schon heute morgen waren es 15 Grad mehr als gestern und jetzt haben wir 22 Grad im Schatten. Also ab ins Auto und auf neue Entdeckungstour - alles schaut so frühlingshaft aus hier. Der Bürgerkrieg hat vor allem am sog. „Lookout Mountain“ seine Spuren hinterlassen. Andererseits bietet der Berg aber auch fantastische Tiefblicke auf Stadt, Tennessee River und Umgebung.

Die Straße windet sich den Berg hinauf. Überall blühen Bäume in rosa und weiß und sattes grün empfängt uns ebenfalls. Einen ersten Stop legen wir bei der „Chattanooga Incline Railway“ ein. Die Standseilbahn wurde 1895 bereits in Betrieb genommen; das oberste Stück ist mit einer Steigung von 72,7 Prozent eines der steilsten Bahnsegmente der Welt. Wir gehen bis zum Aussichtspunkt des oberen Bahnhofes und sehen die Bahn kommen. Gewaltig, wie steil sie hier herauf klettert. Wir machen Fotos - Partnerlook in oranje!

Innen im Bahnhof gibt es einen kleinen Andenkenladen, der aber auch allerlei sonstiges Zeugs verkauft, unter anderem Bücher. Zwei haben mich gleich besonders angesprochen, die Titel muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Freie Übersetzung: „Zieh deinen Bauch ein und leg etwas Farbe auf - was Südstaatenmütter ihren Töchtern erzählen und was ihr alle auch wissen müsst“ und noch besser „Tot sein ist keine Entschuldigung - der offizielle Südstaaten-Frauen Ratgeber, die perfekte Beerdigung auszurichten“.

Es sind nur noch wenige hundert Meter bis zum Point Park, dem Chattanooga National Military Park. Den hatten wir gar nicht so richtig ausgearbeitet und auf der Rechnung - das hat sich aber super gelohnt. Hier auf der nördlichen Spitze des Lookout Mountain wurde 1863 die „Schlacht über den Wolken“ gefochten. Zu sehen sind alte Kanonen und Monumente. Der eigentliche Knüller aber ist die grandiose Aussicht über die Stadt. Wir finden gleich mehrere schöne Fotospots, u.a. auch den Blick auf den „Moccasin Bend“, wo der Tennessee River eine 180-Grad-Schleife bildet. Es wird sehr anschaulich dargestellt, wie die Truppen damals mit ihren Kanonen hier den Berg und die Stadt verteidigt haben. Heftig, sich das vorzustellen!

Jetzt fahren wir aber in die Stadt. Attraktive Gebiete sind der Chattanooga-Choo-Choo District um den alten Bahnhof, der als Park angelegte Tennessee Riverwalk (um das Aquarium und am Fluss) und die restaurierten Straßenzüge in der Innenstadt, wo es auch zahlreiche Restaurants und Kneipen gibt.

Dies alles schauen wir uns an, stellen den Wagen in einem Parkhaus am Bahnhof an und suchen zunächst den „Cho Cho“ auf. Bereits die Entwürfe des 1909 fertiggestellten Bahnhofgebäudes erhielten 1903 den 1. Preis der Paris Beaux Arts Competition. Der 1970 stillgelegte Bahnhof wurde 1974 zu einem attraktiven Freizeitareal umgestaltet. Das alte Bahnhofsgebäude dient nun als Foyer für die Unterkunft. Waggons, Bahnsteige und Nebengebäude bieten Restaurants, Cafes, Pubs und manchmal auch Livemusik. Einige der alten Schlafwagen auf den Gleisen sind zu Hotelsuiten umgestaltet worden. Der Chattanooga-Choo-Choo war der erste öffentliche Personenzug, der ab dem Jahr 1880 die Nord-Süd-Route fuhr. Natürlich hören wir bei der Anfahrt auf den letzten Metern Glen Millers gleichnamiges Meisterwerk.

Im Umfeld des Bahnhofs hat sich ein interessantes Stadtviertel entwickelt, geprägt durch eine Mischung aus Shoppingmalls, Restaurants, Cafes, kleinen Geschäften entlang der Market St. und alten, z.T. noch leeren Lagerhäusern.

Direkt gegenüber dem Bahnhof befindet sich die „Chattanooga Whiskey Experimental Distillery“. Sie ist ebenso wie die im Bahnhof gelegene „Gate Eleven Distillery“ Teil des Whiskey Trails. Also holen wir uns unsere Stempel ab. In der Experimental Distillery lassen wir uns sogar zu ein paar kostenlosen Samples verleiten. Sie geben sich echt Mühe, sind super freundlich und haben leckere Tropfen im Angebot.

Die Market Street führt bis zum Tennessee River und Tennessee Aquarium. Die gut 2 km, also 30 Minuten Fußweg haben wir schnell erledigt. Wir schauen uns „Downtown“ noch etwas um, spektakulär ist es hier aber nicht. An der Brücke zum Fluss steht eine Bronzestatue mit dem Titel „Frühling“ - na bitte, das passt doch zum Tagesmotto. Mit dem kostenlosen Trolley fahren wir zurück zum Parkhaus.

Nun haben wir Hunger und Durst. In den letzten 30 Minuten ist die Entscheidung gereift, nicht hier in der Stadt zu essen, sondern in der Nähe des Hotels etwas zu finden. Kurzer Google-Check: Jonathan’s Grille scheint geeignet. Das entpuppt sich als ziemlich große Sportsbar mit Außenbereichen. Wir bekommen einen Tisch vorne auf der Sonnenseite. Der Kellner fragt, ob wir zur Happy Hour 2 Getränke zum Preis von einem haben wollen? Warum nicht, Durst haben wir! 5 Minuten später stehen 2 große Cider und Biere vor uns. Da machen wir mal wieder Augen, dachten wir doch, wir bekämen das nacheinander. Immerhin wurden wir hier nicht nach den Ausweisen gefragt, wie sonst so oft. Gestern Abend in Gatlinburg hätte Gabi fast kein Cider bekommen, weil sie keinen Ausweis dabei hatte. Glücklicherweise hatte ich ihn auf dem iPhone griffbereit. Andere Länder …

Mein „Cowbow smashed Burger“ mit Onion Rings ist klasse, auch Gabis Nudeln mit Huhn sind super gewürzt. Es war nur mal wieder viel zu viel.

Zurück am Hotel setzen wir uns noch kurz in die untergehende Sonne - die Farbstimmung war schon beim Essen fantastisch und versüßt uns den letzten Urlaubsabend. Jetzt ist das Tagebuch fertig und ich mache langsam Feierabend. Gute Nacht - einmal melde ich mich noch, allerdings erst von zu Hause und das passiert irgendwann am Wochenende. Liebe Grüße aus den Südstaaten!!

Tagesetappe: 283 Kilometer
Übernachtung: TownePlace Suites by Marriott Chattanooga South, East Ridge, 6801 Ringgold Road, Chattanooga, 37412

Frische Bergluft

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Jürgen an der Newfound Gap, Smoky Mountains NP, Tennessee/North Carolina

Das Frühstück hier in der Lodge ist sehr, sehr einfach amerikanisch, Bisquit, Gravy, Oatmeal, Eggs etc. Aber auch Bagels, Toast, Frischkäse usw. Ich lasse es mal etwas ruhiger angehen - mein Körper muss sich ab nächster Woche ohnehin sehr stark umstellen, sehr (!) stark. Wir wollen nicht zu spät los und sind vor 09:00 Uhr auf dem Weg in den Nationalpark.

Die Great Smoky Mountains, gerne auch nur „Great Smokies“ oder einfach „Smokies“ genannt, liegen im südlichen Zentralgebiet der Appalachen-Gebirgskette. Sie wurden bereits von 200 bis 300 Millionen Jahren geformt und gehören damit zu den ältesten Gebirgen der Welt. Die „rauchenden Berge“ waren bereits den ersten Siedlern bekannt, denn die durch die hohen Niederschläge verursachten Verdunstungsnebel erscheinen wie langsam aufsteigende Rauchschwaden. Reizvoll sind die großen, zusammenhängenden Waldgebiete, die sich wie ein riesiger Teppich über die geschmeidigen Berge legen.

Die Hauptstraße, die Newfound Gap Road fungiert als Verbindungsstraße zwischen den Touristenorten im westlichen North Carolina und Georgia sowie Tennessee. Das mag ein wesentlicher Grund sein für die jährlich 10 Millionen Gäste. Kein Nationalpark in den USA wird so stark besucht (auf Platz 2: Grand Canyon NP mit knapp 5 Mio. Besuchern). Meines Erachtens sind aber auch die auf amerikanischen Familientourismus zugeschnittenen, sehr bunten und mit allerlei Attraktionen „am laufenden Band“ ausgestatteten Ferienorte Pigeon Forge und Gatlinburg starke Magneten - diese Gäste werden dem Nationalpark sicher auch zugerechnet. Im Ernst: für uns erschließt sich die „Nr. 1-Beliebtheit“ nicht ohne weiteres. Klar: wunderschöne Natur mit riesigen Waldgebieten und sanfter Berglandschaft. Eigentliche Höhepunkte wie sie der Grand Canyon, Arches, Yosemite, Canyonlands, Yellowstone, Olympic NP oder andere, die wir kennen lernen durften, haben die „Smokies“ nicht. Da spielt vielleicht auch die Lage im Osten mit großem Einzugsgebiet und vielen Menschen hier eine wesentliche Rolle für die Besucherzahlen.

Bezaubernd ist die Strecke entlang der Little River Road und weiter westlich der Laurel Creek Road, die durch eine Schlucht zum Cades Cove führt, einem schönen Tal, in dem sich im 19. Jhd. die ersten Siedler niedergelassen haben. Hier rollen wir früh morgens mit 35 MPH entlang. Eine Stunde benötigt man, um zur eigentlichen „Loop“ der Cades Cove zu gelangen. Die Straße folgt zuerst dem reißenden Little River und mäandert dabei durch eine schöne Waldlandschaft. Im großen Tal, dem Cades Cove, teilt sie sich und eine Einbahnstraße führt durch das ehemals von Farmern bewohnte Gebiet. Die Landschaft ist einmalig und die Weidefläche bietet einen schönen Kontrast zu den dahinter aufsteigenden Smoky Mountains. An mehreren Punkten steigen wir aus und erkunden alte Siedlungen und eine Reihe von Holzkirchen samt Grabfeldern im Wald. Es ist sehr einsam hier.

Da ist sie, die frische Bergluft, nach der wir uns so gesehnt haben. Dazu strahlend blauer Himmel, fantastisches Wetter. Das Wort „frisch“ hat heute aber eine doppelte Bedeutung. Es ist nämlich rattenkalt. Als wir im Hotel starten, zeigt das Thermometer gerade mal Minus 4 Grad Celsius. So sind wir, vor allem in den ersten Stunden auch immer froh, wenn wir wieder im Auto sitzen.

Neben Holzhütten, die trotz der damals eingeschränkten Möglichkeiten sauber gebaut und stabil errichtet sind und Kirchen finden wir auch eine alte Mühle mitten im Wald. Hier gibt es einige Motive und wir gehen auch ein Stück am reißenden Fluss entlang. Gabi traut sich über einige wacklige Flusskiesel auf eine kleine Plattform an der Wasserstufe.

Die häufigsten Tiere hier sind Schwarzbären sowie Hirsche, Rehe, Biber, Otter, Opossums, Luchse und Füchse. Besonders Hirsche und Rehe lassen sich angeblich in den frühen Abendstunden beim Äsen auf den offenen Weiden im Cades Cove gut beobachten. Von den 23 hier vorkommenden Schlangenarten sind nur 2 giftig - und sehr scheu. Wir sehen keine einzige, obwohl an der „Old Mill“ eindringlich gewarnt wird, aufzupassen, weil die sich gerne im Umfeld der historischen Holzgebäude tummeln.

Leider sind bis auf ein paar Rehe in weiter Ferne und Truthähne am Wegesrand keine Tiere zu sehen. Ist wohl doch die falsche Tageszeit - die Abendstunden dürften besser geeignet sein. Nach gut 4 Stunden ist die gesamte Tour geschafft. Aber es geht noch weiter:

Die Route entlang der Newfound Gap Road führt auf den gleichnamigen Pass (1.539 m). Hier ist der aktuell höchste Punkt, den wir vor dem 01. April erreichen können. Teile des Parks sind noch gesperrt. Auf der Passhöhe ist es auch „frisch“. Die Staatengrenze von North Carolina und Tennessee verläuft hier, so dass wir noch einen weiteren US-Bundesstaat in unserer Sammlung begrüßen dürfen. Ebenso verläuft hier der legendäre sog. „Appalachian Trail“ (AT), auf dem wir mit Tiny nun zumindest mal gestanden haben. Er ist 2.150 Meilen lang und führt durch 14 US-Staaten. Da benötigt man etwas mehr Zeit und Ausdauer, als wir sie wohl je haben werden. Neben dem Pacific-Crest Trail (PCT), der von Mexiko bis Kanada entlang der Westküstengebirge verläuft ist das einer „der“ angesagtesten Wanderwege für Aussteiger/innen. Filmempfehlungen? „Der große Tripp - Wild“ mit Jodie Foster (PCT) und „Picknick mit Bären“ mit Robert Redford (AT).

In den vergangenen Stunden ist ein Plan gereift: die Runde durch die „Cades Cove“ hat uns so gut gefallen, dass es uns reizt, die auch in den Abendstunden zu erleben. Und so schnell kommen wir nicht wieder hin. Also: zurück zum Hotel, einen Teil der Fotoarbeiten erledigen, 45 Minuten Power-Nap und wieder los.

Ja, wir machen die ganze Runde noch einmal, schweben mit schöner Musik durch diese wunderbare Landschaft und genießen. Wir benötigen nun aber „nur“ 3 Stunden, da wir nicht so viel rumlaufen. Das Licht ist ganz anders und wechselt gegen 19:00 Uhr zu rosa-lila. Etwas können wir auch das Ambiente der „rauchenden Berge“ erleben, es wir etwas dunstig am Horizont.

Jetzt haben wir Haber Hunger und Durst. Nicht weit vom Hotel entfernt liegt das „Ole Red“. Hinein und an die Theke. Ich teile der Kellnerin meine Freude darüber mit, dass es sogar Live Musik gibt. Ein junger Mann spielt auf der großen Bühne Gitarre und singt dazu. „Haben wir jeden Tag - drei mal!“ lächelt sie zurück. Ok!

Großer Durst, große Gläser. Cider und „Red Amber Beer“ - 600 ml fasst jedes Glas und wir dürfen die sogar mit nach Hause nehmen. Wir trinken zwei und essen Wings und Nachos - gigantische Portionen, die Nachos sind nicht zu schaffe.

Ich unterhalte mich sehr angeregt mit einem Rentnerpaar neben uns. Dabei gerate ich auf sehr dünnes Eis und breche das ein oder andere Mal bestimmt ein. Wir kommen auf die Weltpolitik und ich gebe bekannt, dass ich höflicherweise politische Themen an der Theke gerne vermeide. Es lässt sich aber nicht vermeiden denn er fragt, wie es in Deutschland sei? Ob sich die Welt und die Menschen dort auch verändert hätten? Und ob dort auch viele „rückwärts gewandt“ seien. Muss ich bestätigen, gebe aber gleich zu bedenken, dass die Strömungen, die Deutschland isolieren wollen und national unterwegs sind, nicht meine Zustimmung erfahren. „Die Welt braucht Frieden, Zusammenhalt, Unterstützung und nicht Ausgrenzung, Egoismus und das Wiederaufleben alter Unsitten“. Die beiden kommen aus Michigan. Seine Frau nickt viel, wenn ich spreche. Sie ist in Deutschland geboren, dann aber bereits im Alter von einem Jahr mit ihren Eltern nach Hawaii gekommen. Außerdem scheint sie indianischen Ursprungs zu sein. Also werfe ich auch gleich die Themen „Rassentrennung“, „Diskriminierung“, „Pride“ und mein Unverständnis, dass man in Deutschland im Kindergarten nicht mehr von „Indianern“, sondern von „Indigenen“ sprechen soll etc. mit auf. Ein bunter Blumenstrauß mit Fettnäpfchen am Wegesrand. Ich habe mich aber gut geschlagen, glaube ich. Meine Meinung kennt er jetzt jedenfalls - mit seiner rückte er nicht so richtig raus, da versuchte er diplomatisch zu sein …

Jetzt ist fertig und Feierabend. Gute Nacht - morgen lockt der Sonderzug nach Pankow, es geht nach Chattanooga …

Tagesetappe: 251 Kilometer
Übernachtung: Greystone Lodge on the River, Gatlinburg, 559 Parkway, Gatlinburg, TN 37738-3201

The Moon is shining

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Gabi in der Tennessee Legend Distillery, Sevierville, Tennessee

So, die beiden letzten Tage sind online und hier kommt der heutige Tag - ohne Internet geht nun mal nicht viel. Das war im Club Hotel Nashville leider massiv gestört - bei uns ging fast nix. Ansonsten war das Zimmer super und die ruhige Lage im Osten Nashvilles genau richtig. Um kurz vor neun sind wir unterwegs, es liegt eine längere Fahr vor uns inkl. erneuter Zeitumstellung.

Frisch ist es heute in Nashville und offensichtlich im ganzen Land. Als wir starten sind die Temperaturen gerade mal so über dem Gefrierpunkt. 10 Grad plus soll heute die Höchsttemperatur werden. Dabei ist strahlend blauer Himmel, tolles Wetter. Ich ziehe dann aber doch mal was langärmliges an.

Die Fahrt vergeht erstaunlich schnell. Siri spiel auf Wunsch alle Musik, die wir hören möchten. Gerne lassen wir uns mal etwas näher bekannt machen mit den Künstlern, von denen wir gestern so viel gehört und gesehen haben. Taylor Swift, Linda Ronstadt, die Everly Brothers, die Eagles und viele andere erfreuen uns mit ihrem Gesang. Zwischendurch noch mal tanken, dann könne wir die Interstate 40 schon verlassen.

Wir erreichen Sevierville, die Smoky Mountains sind schon zu sehen. In Lynchburg hatten wir „Whiskey-Trail-Pässe“ bekommen. Dort sind viele Distillerys aus Tennessee aufgeführt, die man besuchen kann und die einem den Pass abstempeln. Außerdem gibt es einen Chip der Distillery wie man sie aus dem Spielkasino kennt. Wenn man alle Stempel beisammen hat bekommt man ein Pokerspiel geschenkt. Werden wir nicht schaffen. Sammeln macht dennoch Freude und die Chips oder Coins sind gut!

Hier in Servierville sehen wir eine Moonshine Distillery am Wegesrand und halten an: Tennessee Shine Co. Sie nehmen aber nicht teil an diesem „Whiskey Trail“-Dings. Dafür kann man kostenlos einige Räume besichtigen und mehr über den Moonshine erfahren. So wird in der Distillery heute üblicherweise der Rohbrand genannt. Herkömmlich ist Moonshine aber der Begriff für schwarz gebrannten Schnaps, der „bei Mondschein“ heimlich hergestellt wurde.

Der Rundgang ist zunächst interessant. Es werden die Umstände gezeigt, unter denen Moonshine früher und heute hergestellt wurde/wird. Dann lernen wir den besonderen Humor der Gegend hier kennen. Da ist ein ausgestopfter Bär - wie man sie hier häufig sieht. Gabi nimmt sich Tiny und setzt ihn auf den Zaun neben dem Bären. Da brüllt das Tier so plötzlich und ohrenbetäubend los, dass meine Apple-Watch Lärmalarm gibt. Ok, kam vom Band, irgendwie mit Infrarotmelder oder so. Dennoch habe ich mich zunächst sehr erschrocken. Man weiß ja nie. Zwei Minuten später gehe ich in den nächsten Raum und da ist direkt hinter der Tür links eine Art Besenkammer und drinnen sitzt einer - auf einen elektrischen Stuhl gefesselt, den schwarzen Sack über dem Kopf (das Foto habe ich wieder rausgenommen aus der Auswahl - zu gruselig und ernst, das Thema). Ok - reicht, wir fahren weiter.

Wenige hundert Meter weiter liegt dann die Tennessee Legend Whiskey Distillery an der Strecke. Hier bekommen wir Stempel und Münzen und dazu darf Gabi einige gut gefüllte Fingerhüte voll probieren. Freie Auswahl - 8 darf sie kostenlos, sie nimmt 4. Sehr vernünftig! In der Dekoration ist auch noch St. Patrick’s Day. Käufer des Moonshine unterstützen auch die Veteranen - ein weiteres Thema, das uns hier überall begegnet.

Einige Kilometer weiter steht die Welt auf dem Kopf - wir erreichen Pigeon Forge. Der Ort ist „Americana pur“. Bunt, voll, kitschig, aber eben auch bodenständig und familienfreundlich. Innerhalb von 3 Jahrzehnten hat sich das Örtchen, u.a. Dank des Einsatzes von Dolly Parton zu einem wahren Mekka der Country-Musikfans etabliert. 12 Millionen Besucher kommen jedes Jahr und über 20, zumeist hochklassige Dinner-Shows werden mindestens ein Mal am Tag angepriesen. Das ist eine Mischung aus Hollywood, Las Vegas, Disneyworld und Alice im Wunderland.

Das „Wonderworks“-Haus steht tatsächlich auf dem Kopf. Wir gucken kurz rein, alles kopfüber. Man kann dort Touren und „Rides“ buchen; die Warnschilder sagen, dass einem schlecht werden könnte. Springbreak - die Familien lieben es offensichtlich. Auch auf der anderen Straßenseite liegt ein Haus schräg.

Wir fahren etwas weiter und da befindet sich ein Titanic-Nachbau am Straßenrand. Es enthält das größte Titanic-Museum der Welt. Hier kann man die Fahrt und den Untergang des legendären Schiffs hautnah miterleben und selbst an den nachgebildeten Ereignissen teilhaben. Der Gründer des Museums war der erste Sponsor für die Suche der tief auf dem Meeresgrund ruhenden Titanic. Sogar der Eisberg und die Bugwelle sind da.

Daneben ist „Hatfield & MacCoy Dinner Feud“, eine Farm mit lustiger Deko. Tiny hat seinen Spaß. Hier findet regelmäßig eine dieser Dinner-Shows statt.

Das „Sunliner Diner“ ist einem Airstream Wohnwagen nachempfunden und erinnert stark an die 50er-Jahre. Sehr schön, wir gucken kurz rein, hier kannst du deinen Burger im Cadillac essen. Und wieder gegenüber hängt King Kong am Hochhaus; er hat gerade einen Flieger aus der Luft gepflückt. Es handelt sich hier um das „Hollywood Wax-Museum“. Am Ortstausgang liegt dann noch „Dollywood“, die Hauptsehenswürdigkeit des Ortes. Hier finden Fans einen Vergnügungspark mit Souvenirshops, einer historischen Eisenbahn, Countrymusic, Dinnershows, nachgebauten alten Häusern, einem Wasserpark, der schnellsten Holzachterbahn der Welt etc. - Dolly Parton lässt die Kassen klingeln. Wir halten hier nicht an.

Statt dessen erreichen wir Gatlinburg, das Tor zum Smoky Mountain NP, der direkt nebenan liegt und morgen von uns erkundet wird. Heute lassen wir uns im Visitor Center beraten und wissen nun, was wir morgen machen. Kartenmaterial, den Parkausweis für morgen (5 Dollar, dafür kein Eintritt) und genügend Sticker nehmen wir gleich mit.

Wir haben ein Zimmer in der „Greystone Lodge on the River“ gebucht. Das ist ebenfalls sehr schön, hat einen Balkon mit Blick auf den Fluss und unser Auto steht nur wenige Meter entfernt sicher in einer Garage.

Wir gehen nochmal los und kehren als erstes bei der Gatlinburg Brewing Company ein. Das Team hier ist super drauf, entspannt. fröhlich, gut gelaunt; man tanzt bei der Arbeit und hat sichtlich Spaß. Das wirkt ansteckend und wir trinken Cider und Bier vom Fass. Die Pizza wird ganz frisch vor unseren Augen zubereitet und zwar in einer Größe, dass jeder eine nach seinem Geschmack bestellen kann. Toller Programmpunkt.

Als wir etwas tipsy wieder auf der Straße sind reiben wir uns die Augen: da gegenüber ist ein Trump-Shop. Ja: richtig gelesen: ein ganzer Laden mit Fahnen, Wimpeln, Stickern, Mützen, Bannern und nur einem Thema: Trump - und gegen Biden. Ich hätte viel für möglich gehalten, so etwas nicht. Die Südstaaten sind sicher eher Trump-nah, das haben wir in den vergangenen Wochen gespürt und gesehen. Diese Art der „Wahlwerbung“ ist neu für uns.

Da gehen wir doch noch einen Kilometer die Hauptstraße rauf und wieder runter. Ziel: die „Sugarland Distillery“ und die „Ole Smoky Mountain Distillery“. In der ersten gibt es Stempel und Coins, in der zweiten ein kleines Tasting. Die Whiskeys sind gar nicht so schlecht. Die z.T. quietschbunten Moonshines, die oft aromatisiert werden, sind nicht so mein Ding. Draussen spielt Live Musik bei Eiseskälte. Der Gitarrist friert nicht, Banjo, Fiddle und Bass haben aber wenig Naturneopren.

Alles hier ist ebenfalls bunt und auf Familienunterhaltung ausgelegt - ganzjährig. Es ist aber alles etwas kleiner und netter aufbereitet als in Pigeon Forge. Manche Ladenzeilen wirken wie aus dem Märchenland. Allerdings sind hier z.B. Waffen auf dem Gelände willkommen - es wird darum gebeten, diese aber im Holster zu tragen, solange das vertretbar ist - andernfalls soll man sich „vernünftig“ verhalten. Tja, das ist schon anders hier als bei uns zu Hause.

Die Sonne verschwindet und nun wird es noch kühler. Zeit für uns, das Zimmer aufzusuchen. Morgen wollen wir früh los. Das Tagebuch ist fertig, nun noch die Bilder aussuchen und bearbeiten. Gabi steuert täglich tolle Fotos bei, die sie mit ihrem iPhons schießt und bearbeitet. Das muss auch mal lobend erwähnt werden - super! Liebe Grüße, die Moonshines zogen sich durch diesen Tag, ob der „echte“ auch noch um die Ecke kommt, werde ich kaum erleben - das Reich der Träume ruft.

Tagesetappe: 344 Kilometer
Übernachtung: Greystone Lodge on the River, Gatlinburg, 559 Parkway, Gatlinburg, TN 37738-3201

Country & Music

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Gabi vor der Country Music Hall of Fame and Museum, Nashville, Tennessee

So - zurück aus der City und es ist später als erwartet. Daher fasse ich die Ereignisse von heute nur kurz zusammen.

Nach einem deftigen Frühstück inkl. selbst gebasteltem Breakfast Burrito schreibe ich das Tagebuch von gestern. Wir haben uns für 11:00 Uhr auf den Shuttle gebucht, das passt genau.

So sind wir um 11:30 Uhr wieder am Broadway, es scheint nicht ganz so voll und rüselig zu sein wie gestern. Dennoch dröhnt schon wieder aus allen Kneipen Live Musik auf die Straße. Die grünen Männchen und Weibchen feiern immer noch oder schon wieder St. Patrick’s Day.

Music City of the USA“ - Nashville gilt als die Stadt der Countrymusic. Die Musikproduktion ist nach New York die zweitwichtigste in den USA. Es gibt über 5.000 Country-Songwriter in Nashville; auf den Bühnen der Stadt versuchen sich regelmäßig 4.000 Interpreten. In Nashville sind 70 Tonträgerfirmen, 200 Aufnahmestudios und unzählige Musikverlage angesiedelt. Die Musikindustrie setzt hier ca. 8 Milliarden Dollar jährlich um und beschäftigt 20.000 Menschen.

Die Zeit von 11:45 Uhr bis 14:30 Uhr verbringen wir in der „Country Music Hall of Fame and Museum“. Das ist ein ziemlich großer und modern eingerichteter Komplex. Auf über 32.000 Quadratmetern wird die Entwicklung der Country-Music, aber auch die Formen des „Cross-Over“, also die Grauzone zu Rock, Rockabilly, Pop, Americana etc. erklärt. Der hinzugefügte Neubau ragt über den an eine Tastatur erinnernden Altbau hinweg und bietet durch eine Glasfront auch einen grandiosen Blick auf die Skyline.

Wir haben auch tatsächlich fast 3 Stunden benötigt, um uns alles anzusehen. Hilfreich, aber für mich auch etwas verwirrend sind dabei die Audio-Guides, die uns an den verschiedenen Ausstellungsdisplays etwas passendes erzählen. Ich lese natürlich auch die aushängenden Texte, mein Kopf ist auf Englisch unterwegs und dann quatscht da parallel einer in Deutsch, crazy!

Zu Beginn befindet sich bei den Aufzügen ein wunderbares Zitat: „Country Music ist three Cords and the truth (Harlan Howard)“. Wir fahren ins dritte OG, hier beginnt die Geschichte der Country Music. Alles ist toll erklärt und mit (zum Teil sehr befremdlichen) Kostümen, Instrumenten, Plakaten, Bildern und Videos dokumentiert. Die „Volksmusik“ hat natürlich auch Einflüsse des Blues verarbeitet und sich später mit den wachsenden Möglichkeiten (Mikrofonie, Verstärkung der Gitarren, E-Gitarren etc.) und natürlich mit Erfindung und stärkeren Verbreitung des Radios auch „auf dem Lande“ ständig weiter entwickelt. Elvis, Johnny Cash und andere haben dann auch rockigere Töne angeschlagen.

Schön, wie sich unsere Reise hier weiter vervollständigt. Wir können vieles besser verstehen, weil wir uns schon intensiv mit Blues, Elvis, Cash, den Sun Studios u.a. beschäftigt haben. Ausgestellt sind auch zwei sehenswerte Autos, die sich allerdings schwer fotografieren lassen. Webb Pierce hatte sich seine Karre voll auf Cowboy tunen lassen inkl. Longhorns am Kühler, Sattel im Fahrerraum und Knarren aller Art im und am Auto. Völlig verrückt. Elvis’s goldener Cadillac ist aber nicht minder irre: lackiert mit zig Schichten Lack, in die Gold- und Diamantenstaub sowie Fischschuppen eingearbeitet sind. Dazu goldene Verzierungen, edelste Stoffe, Fernsehen, Telefon, Bar und Eismaschine. Die 300 Kilometer Fahrt von Graceland mit Chauffeur zu den RCA Studios hier in Nashville muss man sich ja schön gestalten.

Goldene Schallplatten zieren auch das Treppenhaus. Im zweiten Stock widmet man sich dann der jüngeren Geschichte der Country-Music und ihren Einflüssen bzw. Künstlern, die die Musik weiter verändert oder ausgebaut haben. Das 4 der Eagles früher die Band für Linda Ronstadt bildeten, war mir auch nicht klar. Viele, viele Namen sind uns geläufig, weil wir diese Musik ja regelmäßig hören. Ein interaktiver Bereich lädt zum selbst komponieren und texten ein und erklärt die wesentlichen Instrumente.

Am Ende sind wir dann in der „Hall of Fame“. Es ist eine extrem große Auszeichnung für die Künstlerinnen und Künstler, Songwriter o.ä., hier einen Platz zu bekommen. Jährlich kommen nur 3 in verschiedenen Kategorien dazu. In die Mitte setzt die Sonne einen Spot, im Kreis („Can the circle be unbroken) sind dann mehr oder weniger gelungene Bronzeportraits der Preisträger/innen platziert.

Wir drehen noch eine kleine Runde durch den Komplex, dann geht es auf zu Studio B - den historischen RCA-Studios. Ein Bus fährt uns rüber. In dem historischen Studio hat Elvis „Return to Sender“ und viele weitere Stücke aufgenommen. Aber auch Dolly Parton, Charley Pride, Jim Reeves oder Connie Smith, Eddy Arnold, die Everly Brothers, Willie Nelson und viele andere waren hier regelmäßig zu Gast, um einige ihrer legendärsten Schallplatten zu produzieren. Es gilt als Geburtsstätte des „Nashville Sound“. Insgesamt wurden hier 35.000 Musikstücke auf Tonträger gebannt. Es ist immer noch aktiv.

Ron, unser Guide, hat im Bus schon viel erzählt. Hier spielt er im Foyer, aber auch in den folgenden Räumen und insbesondere im eigentlichen Recording-Room diverse Soundbeispiele vor. Im Foyer hängen Platten aus den verschiedenen Jahrzehnten. „Grandpa Jones Yodeling Hits“ sind auch vertreten.

Herzstück und am interessantesten ist natürlich der Aufnahmeraum. Ein kleines blaues Kreuz aus Klebeband kennzeichnet den „Sweetspot“ - hier klingen Vocals am Besten und hier haben sie alle gestanden: Elvis, Dolly etc. Jetzt steht Gabi hier. Der Steinway-Flügel vorne hat auch schon einige/s gesehen. Die Mikros und Amps kommen mir sehr bekannt vor - was zu erwarten war. Putzig finde ich die rote Lampe, die bestimmt genutzt wird um zu signalisieren, dass gerade aufgenommen wird. Ron verändert auch die Beleuchtung und so kann ich auch in den Regieraum hineinfotografieren. Angeblich hat Elvis hier „Are you lonesome tonight“ in völliger Dunkelheit aufgenommen, also macht Ron es dunkel und spielt den Song. Hat schon was und versetzt uns kurz zurück in die 60er.

Nach dieser schönen, aber auch wieder etwas anstrengenden Zeit benötigen wir nun Zerstreuung. Kurzbesuch bei einer Distillery - hier ist es uns aber zu unruhig. Außerdem möchte ich mein Bier aus einem Glas und nicht aus Plastikbechern trinken. Im „Barlines“ direkt am Museum bekommen wir einen schönen Thekenplatz, lecker Bier und Cider und zwei Burger mit Tater Tods, die sich sehen lassen können - nicht lange, dann sind sie verputzt.

Gabi möchte noch mehr vom Broadway sehen - es ist ja etwas insgesamt angenehmer als gestern, was den Andrang und das Gedränge angeht. Also stiefeln wir ihn nochmal ganz hinauf und hinunter - jeweils eine Straßenseite. Die Partybusse, -trecker und -räder fahren wieder. Überall klasse Live-Musik. Vielfach sind die Fenster herausgenommen und die Band sitzt mit dem Rücken zu Straße. Ungewohnte Perspektive. Am Ende des Broadway am Tennessee River blühen die Bäume weiß, schönes Licht! Candy-Shops und Klamottenläden sind hier natürlich auch zu finden. Cowboy/girl-Stiefel scheinen sich gut zu verkaufen.

Im „Legends Corner“ nehmen wir noch ein kleines Fläschchen Bier und Cider. Coole Kneipe mit wieder mal verrückter Ausstattung. Einige Gitarren hängen an den Wänden, in einer Vitrine sogar eine von Johnny. Die von dem, der sich den Wolf tanzt ist ebenso dabei, wie die von dem Gitarristen mit den 7 Armen, Ok, Scherz beiseite. - aber schaut bei den Fotos.

Rückfahrt zum Hotel - um 19:00 Uhr sind wir wieder auf dem Zimmer. Nun das übliche, dann lassen wir den Tag ausklingen. Wifi gibt es immer noch nicht. Ich hoffe, dass ich morgen Abend sofort die beiden letzten Tage hochladen kann.

Es neigt sich langsam dem Ende zu. An Abreise möchte ich aber noch nicht denken. Morgen fahren wir in die Smoky Mountains. Darauf freue ich mich sehr. Die Zeit rund um die Musikgeschichte in den Cities war klasse - ich möchte sie nicht missen. Jetzt ist es aber gerade zum Urlaubsausklang gut, wenn wir noch einmal Naturfeeling, eine Wanderung und „Bergluft“ genießen können. Vorfreude!

Tagesetappe: - Kilometer
Übernachtung: Club Hotel Nashville Inn & Suites, 2435 Atrium Way, Nashville, TN 37214

Jacks 'n' Johnny

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Jürgen im Jack Daniel Visitor Center, Lynchburg, Tennessee

Das Rezept des Tages? Man nehme 2 Jacks und füge einen Johnny dazwischen - schon ist der perfekte Urlaubstag geschaffen! Keine Sorge, ich kläre das auf!

Doch zuvor: gestern Abend haben wir erwartet, in dieser Nacht kein Auge zumachen zu können. Das einfache Motel besteht offensichtlich nur aus Bretterwänden, es reisen noch spät Gäste an, Fernseher laufen, von allen Seiten Geräuschkulisse inklusive Hundegebell. Doch wir sind müde genug und schlafen irgendwie ein. Als ich dann wach werde staune ich: die Nacht in um und wir haben erstaunlich gut geschlafen.

Um 09:00 Uhr müssen wir im Visitor Center der Jack Daniel Distillery sein. Da wir schnell eingepackt haben ist noch etwas Luft. Frühstück? Hier im Motel gibt es nix außer einem dünnen Kaffee. Nebenan ist ein Subway und es ist Samstag - noch geschlossen, war ja klar. Ich fahre die kurze Strecke bis zum General Dollar an der Hauptstraße, kleiner Supermarkt, alles mögliche zu kaufen - nur keine Sandwiches oder Subs o.ä. Tiefgefroren (!) Wären die zu haben, aber was sollen wir damit?

Also packen wir Tiny ins Auto, geben die Zimmerkarten ab und fahren noch kurz in die „Historic Downtown“, die wie gestern beschrieben nicht mehr zu bieten hat als ein Mini-Karree von Shops. Alle zu, einer auf: der „Southern Perks Coffee Shoppe“ - passt. Wir lassen uns 2 große Latte in unsere Yeti-Becher füllen und vermeiden damit einmal mehr die Verschwendung von Plastik. Die Zeit reicht sogar, uns noch 2 Bisquits mit Bacon, Ei und Käse zubereiten zu lassen. Schönes Cafe, wir verputzen unser Frühstück noch vor Ort und sind 3 Minuten später am Visitor Center. Ready for Whiskey.

Die Lage der Destille inmitten weiter Waldgebiete und am Rand diese mehr oder weniger verschlafenen Farmernests, in dem sich alles nur um den „Jack“ dreht, ist schon was Besonderes. Wir stehen auf der Liste, ich zahle 30 Dollar für 90 Minuten Tour inkl. Tasting pro Person und dann schauen wir uns die Ausstellung im Visitor Center an. Schön gemacht, inklusive Erklärstation, wie sie hier den Whiskey herstellen. Das kennen wir im Grundsatz, es gibt aber wesentliche Unterschied des Bourbon zum Scotch: zunächst ist es in ganz Amerika so, dass zur Lagerung des hier als „Moonshine“ bezeichneten Rohdestillats ausschließlich „Virgin Oak“-Fässer genutzt werden dürfen. Das heißt es müssen immer frische Fässer her aus amerikanischer Eiche. Das gefällt den Schotten, die die „first fill Bourbon-Fässer“ nach ihrer Nutzung kaufen und für ihre Lagerung benutzen; die Fässer bringen schon etwas Bourbon-Geschmack mit und das tut dem Whisky oft gut. Später veredeln die Schotten ja vielfach durch Umfüllen in andere Eichenfässer (Sherry, Port, Wein etc.) - das ist hier nicht so verbreitet.

Der „Tennessee Whiskey“ hat aber eine weitere Besonderheit: der Moonshine wird vor der Lagerung im Fass durch gut 3 Meter hoch aufgeschichtete Holzkohle geträufelt und so gefiltert. Fuselalkohole, Fette etc. werden so herausgefiltert und es entsteht ein weicheres Destillat.

In der Ausstellung gibt es natürlich auch historische Flaschen und vieles mehr. Blickfang ist ein alter Lieferwagen. Es gab eine kurze Zeit, da hat man hier (naheliegend) auch Bier hergestellt und dieses wurde dann hiermit ausgeliefert. Das war aber nur eine kurze Phase - Tiny gefällt der schmucke Wagen.

Die Gruppengröße beträgt hier bis zu 28 Personen je Guide, um 09:15 Uhr ist bereits eine entsprechend große Gruppe gestartet. Als wir um Punkt 09:30 Uhr von Matt, unserem jungen Guide, der sich bereits seit seiner Kindheit hier in der Distillery herumtreibt aufgerufen werden trauen wir unseren Augen nicht. Wir kommen in den Nebenraum, wo die kurze Einführung stattfindet und sind nur zu viert! Ein Paar aus Texas, wir beide (mit Tiny) - und Matt. Unfassbar, das ist so ein Glücksfall. Wir haben quasi eine Privatführung und Matt sagt, dass er selbst erstaunt ist, weil es das so gut wie nie gibt. Klasse, es kann losgehen!

Toll an der kleinen Gruppe ist auch, dass ich ganz entspannt Fotos machen kann, ohne das mir ständig Leute im Weg stehen. Leider ist in den Gebäuden, in denen mit dem Destillat umgegangen wird, das Nutzen aller elektronischen Geräte untersagt (Explosionsgefahr - „wir wollen ja nicht heute noch den lieben Jack besuchen“). Das erste kleine Wegstück bergauf werden wir mit dem Bus gefahren. Wir stellen uns gegenseitig vor, richtig gemütlich. Die Texaner haben noch einen Jack-Daniels-Cocktail mit Zitrus und Eis bestellt, großer Becher. Auf meine Antwort, dass ich noch fahren muss und wir uns das daher verkneifen lachen die Amis herzlich: „Wir sind Texaner!“ Und auch Matt bestätigt, dass hier so richtig niemanden interessiert, ob man fahren muss oder nicht (in Grenzen, denke ich - oder?). Matt erzählt, dass die Touren inkl. ausgiebigem Tasting bis vor einigen Jahren noch kostenlos waren. Inzwischen haben sie 300.000 Besucher jährlich und haben das System umgestellt.

Wir schauen uns zunächst die Besonderheit an: den Platz, wo die Holzkohle hergestellt wird, immer von den gleichen Leuten, die Matt schon sein Leben lang kennt. Sie lagern Sugar Maple (Zucker-Ahorn) für 9 bis 12 Monate auf dem Gelände der Distillery und „würzen“ das Holz so mit allem, was hier so an angenehmen Gerüchen herrscht. Dann schichten sie es auf und zünden es mit einem historisch anmutenden Flammenwerfer an Wenn das Holz gut verbrannt ist und der Kohle-Status erreicht ist löschen sie das Feuer mit Wasser, schichten um, löschen wieder usw. Dann wird die Kohle geschreddert, so dass ein Granulat entsteht und in einem Hochbehälter gelagert bis sie benötigt wird.

Als nächstes zeigt uns Matts die Wasserquelle, die hier durch eine Art Höhle fließt. Das Wasser ist regelmäßig glasklar und heute wegen des Regens gestern etwas eingetrübt. Es enthält besonders wenig Eisen und ist daher super geeignet. Hier hat Jack Daniel begonnen und hier steht auch seine Statue. Markenzeichen von Jack war es, dass er stets piekfein gekleidet daher kam. Niemals hat er sich anders fotografieren lassen - das war sein Steckenpferd: Anzug, Fliege und Hut mussten sein. Die Distillery ist mehrfach (drei mal?) abgebrannt (heute ist die Werksfeuerwehr besser besetzt als jede Flughafenfeuerwehr im Umfeld), alle Steinhäuser mussten mehrfach neu aufgebaut werden. Überlebt hat stets nur das kleine, aus Holz gebaute Office von Jack hier an der Quelle - und dorthin begeben wir uns jetzt und Matt führt die Geschichte rund um den kleinen Jack zu einem traurigen Ende..

Jack Daniel war und ist ein Familienunternehmen. Es gibt in diesem nur 300 Seelen umfassenden Örtchen quasi niemanden, der nicht irgendwie mit der Distillery verbunden ist. Jack Daniel wurde 1850 als das zehnte von zehn Kindern geboren und hatte von Beginn an keinen leichten Stand in der Familie. Mit 5 Jahren wurde er an einen Reverent „zur Pflege“ abgegeben und schon mit 13 Jahren begann er, seinen ersten Moonshine zu produzieren. Mit 16 Jahren kaufte er einen Teil dieses Geländes und zwar den Teil, auf dem sich die Quelle befindet. Dort installierte er seine Spirit-Still im Fels direkt über dem Wasser. Die Stelle kann man auch heute noch gut erkennen.

Der Hauptraum ist unverändert: originaler Schreibtisch, Uhr, Ofen, Tresor. Morgens kam Jack hier herein, setze sich an den Schreibtisch und arbeitete. Zwischendurch musste er natürlich auch mal an den Tresor. Eines Tages bekam er das störrische Ding nicht auf und trat voller Wut dagegen - und brach sich den großen Zeh. Leider hat er sich nicht behandeln lassen. Nach 9 Monaten musste ihm der Zeh amputiert werden, ein weiteres halbes Jahr der Unterschenkel. Er starb dann einige Monate später im Jahr 1911 an den Folgen der Blutvergiftung; der Brandherd hatte sich bis zur Hüfte weiter entwickelt. Brrrr.

Es hängen dort auch Fotos von den Master-Distillern. Der heutige ist 41 Jahre alt und macht den Job schon seit 26 Jahren; er ist der Enkel des vorletzten Chefs. Ihm steht eine junge Frau zur Seite, die seine Aufgabe sicher irgendwann einmal übernehmen wird. Mit 100 Millionen Litern/Jahr ist Jack Daniels heute eine der meistgetrunkenen Spirituosen weltweit.

Nun schauen wir uns die Stills an. Sie verwenden keine bauchigen Pottstills wie die meisten schottischen Distillerys sondern ausschließlich zylinderförmige Columnstills, die 52 Stunden laufen, dann gereinigt und wieder in Betrieb genommen werden. Die Fermentierung findet nebenan statt, es riecht sehr gut. Als Grundlage nehmen sie fast bei allen Abfüllungen Mais, Gerste und Roggen nach dem „Geheimrezept“ von Jack. Die nach der „Bierherstellung“ verbleibenden Feststoffe werden vollständig als Tierfutter an die Höfe in der Umgebung gegeben, glückliche Kühe, Pferde und Schweine!

Dann kommen wir in den Bereich, wo das junge Destillat durch die Holzkohle geträufelt wird, „dropje for dropje“. Über 3 Meter Holzkohle müssen die Tropfen durchlaufen, bevor sie später ins Fass gelangen. Die Holzkohle wird alle 9-12 Monate gewechselt und es dauert dann immer eine ganze Woche, bis der neue „Stoff“ durchgelaufen ist. Dieser wird dann sicherheitshalber noch einmal gefiltert und weiter geht die Reise.

Der Tastingraum ist in ein Fasslager integriert, sehr urig. Wir sitzen in dem gläsernen Raum umgeben von Fässern und haben jeder 6 Pinnekes vor uns stehen. Matt gibt die Erläuterungen, wir probieren: „Gentleman Jack“, der komplett zwei mal gefiltert wird, um ihn noch weicher zu machen. Dann gibt es den klassischen „Jack Daniel’s old No. 7“ (Fasslagerung ist hier mindestens 4 Jahre). Es folgt der „Jack Daniel’s Rye“, der komplett aus Roggen hergestellt wird und einen ganz anderen Geschmack hat. Dann folgen noch „Jack Daniel’s Tennessee Honey“, „Jack Daniel’s Tennessee Fire“ (mit Zimt) und „Jack Daniel’s Tennessee Apple“. Für letztere hat Matt unzählige Verwendungsmöglichkeiten: auf Eis, vermischt mit Tee, Kaffee, Limonade, gefroren oder zu Speiseeis gegeben etc. Wir sollten zu Hause mal mehr ausprobieren!

So viel dazu, alles andere sprengt den Rahmen. Tolle Tour!!

Auf dem Weg nach Nashville stoppen wir bei bestem Wetter noch kurz bei einem Walmart. Es ist immer wieder erstaunlich, welche Mengen manche Familien hier einkaufen. 2 große Einkaufswagen voll mit Unmengen an Fleisch etc. lassen uns vermuten, dass hier immer für mehrere Wochen eingekauft wird.

In Nashville fahren wir zum Hotel, das in „East-Nashville“ liegt. Diejenigen in Downtown waren einfach viel zu teuer. Unser Hotel bietet einen stündlichen Shuttle nach Downtown an. Der kosten 15 Dollar pro Person hin und zurück. Das ist ein super Preis für die halbstündige Fahrt und wir sind heilfroh, dass wir unser Auto hier stehen lassen können. In Nashville ist nämlich die Hölle los. Ausnahmezustand! Hier ist am Broadway ja immer die bekannte Partymeile mit unzähligen Kneipen, alle mit Live Music, zum Teil auf 3 Etagen. So was haben wir noch nie gesehen. Hinzu kommt: es ist Springbreak (die Jugendlichen sind außer Rand und Band), es ist ein großes Basketball-Turnier mitten in der Stadt (Bridgestone Arena) - jede Menge Sportfans feiern. Es ist Samstag und es ist St. Patrick’s Day - grün, wohin das Auge schaut. Menschenmengen und ein infernalischer Lärm der sich vermischenden (sehr guten) Live-Acts.

Wir retten uns erst mal in den ersten Apple Store unserer Reise und Gabi bekommt die dringend benötigte neue Hülle für ihr iPhone. Dann stürzen wir uns ins Getümmel. Das ehrwürdige Ryman Auditorium ist groß und hat eine schöne Backsteinfassade. Fotografieren ist sehr schwierig wegen der ganzen Leute. Das „at & t“-Building heißt umgangssprachlich auch „Batman“. Überall fahren Partybusse oder -gefährte rum, ebenfalls mit eigener Musik und Gekreische. Viele Junggesellinnenabschiede, die meisten Mädels tragen bauchfrei, Cowboystiefel (gerne weiße) und knappe Röcke, wobei der Körperumfang völlig nebensächlich ist.

Wir schauen, dass wir ins Johnny Cash Museum kommen. Das liegt in einer Seitenstraße und hier haben wir Zeit. Der „Man in Black“ nimmt uns lange gefangen. Wir schauen uns alles in Ruhe an, Instrumente, Klamotten - auch von seiner zweiten Frau June Carter Cash. An vielen Audio- und Videostationen sehen und hören wir uns Beispiele seines Lebenswerkes an. Ich muss hier abkürzen - er war ein ganz großer mit einer sehr langen, erfolgreichen Karriere. Aber er hat in seinem Leben auch viel „Rock ‚n‘ Roll“-Erfahrung sammeln müssen inkl. Abhängigkeiten und miesen Phasen und Erfahrungen. Der grandiose Film „I walk the Line“ mit Joaquin Phoenix und Reese Witherspoon (die alle Titel selbst singen) sei hier wärmstens empfohlen!

Nun gehen wir noch zur Country Music Hall of Fame und checken, was morgen geht. Alles gut, ich kann am Besten übers Internet Karten kaufen, was ich dann auch abends noch mache.

Nun haben wir Hunger, aber überhaupt keine Lust, uns hier in diese übervollen Kneipen am Broadway zu stürzen, wo man selbst ein Bier nur in Zeichensprache bestellen kann. Infernalischer Lärm. Zu unserem Entzücken finden wir das „Cerveza Jack’s“, eine mexikanisch angehauchte Bar in der 2nd Street. Eine junge Frau (in hohen Cowboystiefeln) singt zur Gitarre - sehr, sehr gut!

Bier gibt es nur aus der Dose - dafür heißt meines „Hippies and Cowboys IPA“ und schmeckt. Wir lassen Margaritas folgen und essen tolle Nachos mit chipottle chicken und Steak-Quessiladas. Genau der richtige Ort für uns.

Der Rücktransport zum Hotel läuft reibungslos, allerdings beobachten wir einen Unfall. Zwei junge Pärchen sind sehr fix mit dem Elektrotretroller unterwegs und kreuzen unsere dreispurige Fahrbahn, ohne Vorfahrt zu haben. Ein Auto neben uns erwischt die hinteren in voller Fahrt am Hinterreifen, die beiden stürzen - scheint aber nochmal gut gegangen zu sein. Eine Sekunde früher und es hätte ziemlich sicher zwei Tote gegeben. Puh! Zufällig steht direkt neben uns ein Ambulanzwagen, der hält sofort und nimmt sich der Sache an.

Wir checken ein und gratulieren erst mal der lieben Margret zum 60sten. Dort ist die Party im vollen Gange und wir platzen per Skype hinein. Gabi hat um 18:59 Uhr gerade noch zwei gratis Whisky-Cocktails erobert, die es hier zur Happy Hour bis 19.00 Uhr gibt. So können wir sogar anstoßen. Anschließend beziehen wir unser geräumiges Zimmer mit zig Steckdosen und allem, was wir benötigen.

Da es noch so schön ist verziehen wir uns aber mit unseren Getränken und dem Mac noch nach draussen an den Pool. Das Tagebuch schaffe ich heute ohnehin nicht mehr und ich bin froh, dass die Fotos noch fertig werden. Das Wifi ist aktuell so schlecht, dass an die Website ohnehin nicht zu denken ist. Morgen starten wir mit dem Shuttle um 11:00 Uhr, da habe ich vorher noch Zeit für das Tagebuch. Passte - es ist jetzt fertig (10:25 des Folgetages).

Ein Jack (Daniel) am Vormittag, ein Johnny (Cash) am Nachmittag und ein Jack („Cerveza“) am Abend - das war ein super Tag mit tollen Eindrücken.

Tagesetappe: 119 Kilometer
Übernachtung: Club Hotel Nashville Inn & Suites, 2435 Atrium Way, Nashville, TN 37214

Erster winzig kleiner Bär auf dem Mond!

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Tiny Little Bear im Saturn-V-Museum, NATO US Space & Rocket Center, Huntsville, Alabama

Meine Hacke - hat das gewittert heute Nacht. Gott sei Dank bin ich schnell wach geworden und habe den Fensterspalt schließen können. Es goß in Strömen und das waagerecht ins Zimmer hinein. Gut, dass Gabi vorsorglich Handtücher ausgelegt hatte. Bei einem Donnerschlag erzitterte das Hotel bis in den 4. Stock hinauf, dass die Wände wackelten.

Bei Aufwachen heute morgen gingen die Gedanken noch einmal zum gestrigen Tag zurück. Elvis war in so jungen Jahren so wahnsinnig erfolgreich. Und zunächst hat er den Ruhm sicher sehr genossen. Zu viele Beispiele von Lebensfreude mit Freunden in Graceland bei Sport, Musik und ausgelassenem Leben zeugen davon. Am Ende (so wie ich ihn gestern aus meiner in den 70ern „jugendlichen Sicht“ beschrieben habe) war er abhängig von seinem Management, falschen „Freunden“ Tabletten, Ruhm und hatte dabei weder seine Finanzen noch sein Leben mehr selbst in der Hand. Da ist er in guter Gesellschaft mit auch heute noch lebenden „Stars“, denen es auf die ein oder andere Weise ähnlich geht. Bei allem Ruhm und Geld -wie sagte Gabi gestern? „Er war ene ärme Jong!“

Gabi hatte heute zum ersten Mal beim Frühstück den geliebten Pancake-Automaten am Start. Da kann ja nix mehr schief gehen. Nun ja, es regnet immer noch und die Aussichten sind nicht besonders für heute. Rückblickend haben wir aber durchaus noch Glück gehabt, gegen Mittag hörte der Regen auf und jetzt sitze ich auf einer Bank vor dem einsamsten Motel Alabamas in der untergehenden Sonne und schreibe Tagebuch, neben mir die beste Ehefrau von allen mit der gleichen Tätigkeit (nur analog).

Nur eine gute Stunde dauert die Fahrt nach Huntsville, wo wir den heutigen Tag verbringen wollen. Huntsville wurde bereits 1805 als kleine Farmerstadt inmitten weiter Baumwollfelder gegründet. Während des 2. Weltkrieges begann das Militär, hier eine groß angelegte Chemie- und Raketenversuchsanlage einzurichten. Als Ende der 1940er-Jahre der deutsche Raketenforscher Wernher von Braun (1912-1977) und sein 130-köpfiges Team (!!) aus Deutschland abgeworben werden konnten, begann der ganz große Boom. Von Braun brachte alle Pläne der V-2-Rakete aus Deutschland mit und sorgte dafür, dass die kleine Stadt im Norden von Alabama zur geistigen Hochburg der amerikanischen Raketenentwicklung aufstieg. Als das Militär dieser Aufgabe nicht mehr gewachsen war, wurde hier die NASA (National Aeronautics and Space Administration), eine zivile Behörde, gegründet. Hier wurde auch der Flug zum Mond vorbereitet und später die Entwicklung des Space-Shuttle-Programms und die Errichtung der bemannten Raumstationen („Spacelab“) vorangetrieben.

Wir haben 2016 bereits Cape Canaveral in Florida besucht, das ähnliches zu bieten hat wie das US Space and Rocket Center hier in Huntsville. Natürlich neige ich dazu, die beiden Tage miteinander zu vergleichen, was aber etwas unfair ist. Die Unterschiede: damals in Florida schien die Sonne bei blauem Himmel. Ich hatte „Cape Canaveral“ schon in meiner Kindheit mit der Mondlandung verbunden und war damals entsprechend fassungslos, das alles - inklusive der Startrampen am Meer - persönlich zu sehen. Heute war das daher teilweise eine „Wiederholung“, weil es schon Dopplungen gibt. Und die Anlage in Florida ist stärker strukturiert und mehr auf Erwachsene ausgelegt. Positiv für Huntsville ausgedrückt: hier wird alles getan, um die nachfolgenden Generationen ans Thema Astronomie, Weltraumfahrt etc. heranzuführen. Dem entsprechend gibt es hier viel mehr „zum Anfassen“, spezielle Räume für Kids und Jugendliche, ja sogar das „Space Camp“. Dazu komme ich noch. Außerdem kam Cape C. für mich mehr „aus dem Ei gepellt“ daher.

Bereits vom Highway aus begrüßen uns alle möglichen Raketen, die seit 1950 ins Weltall geschossen wurden, darunter eine Saturn-Rakete, die als Trägerrakete für die Mondfahrten diente. Diese riesige, senkrechte Saturn V Rakete ist Mittelpunkt des sog. „Space-Parks“, der auch militärische Raketen, Militärhubschrauber etc. enthält. Vor dem Eingang steht eine „A-12 Blackbird“. Der ultraflache Kampfflieger erreichte während seiner Einsatzzeit eine Geschwindigkeit von nahezu „Mach 3“ (3.000 km/h!) und blieb dabei für das gegnerische Radar so gut wie unsichtbar. Schon älter, sieht aber dennoch rein optisch schon „pfeilschnell“ aus.

Wir kaufen die Tickets, die wieder mal durch mannigfaltige Module ergänzt werden können. Was wir auf jeden Fall machen wollen: uns im „Spacedome-IMAX-Theater“ beeindrucken zu lassen, damit sind wir damals in Cape Canaveral, aber z.B. auch im Museum of Nature and Science in Denver, Colorado gut gefahren (da gab es auch einen tollen Weltraumfilm). Wir buchen entsprechend.

Nun ist das „IMAX“ hier gar kein klassisches IMAX. Natürlich bietet die 21 Meter hohe, kuppelförmige Leinwand ein faszinierendes, dreidimensionales Bild in 8K. Sie nennen das hier aber „Intuitive Planetarium“ und gestalten die Shows interaktiv. Will heißen: es wird kein Film im klassischen Sinne gezeigt. Unten steht ein Guide, die/der live moderiert. Eine zweite Person unterstützt technisch. So werden Bildsequenzen und Videos projiziert und erläutert, gleichzeitig aber auch mit dem Publikum interaktiv „besprochen“ (Frage- und Antwortspiele etc.). Vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig und natürlich auch auf die vielen Kids abgestellt - aber durchaus gut gemacht.

Erste Show für uns um 11:00 Uhr: „Our Place in Space“. Wir entdecken das Universum mit unserem weiblichen Guide und navigieren zu den wesentlichen Planeten und Monden unseres Sonnensystems, zoomen durch die Milchstraße und benachbarte Galaxien und Universen und bekommen so einen Eindruck von unserem „Platz im Raum“. Der ist erwartungsgemäß bescheiden klein (Achtung: Untertreibung des Jahrtausends!).

„Sonne - Merkur - Venus - Erde - Mars - Jupiter - Saturn - Uranus - (Pluto)“, das geht Gabi ganz locker von den Lippen. Auch die Kids im Saal rufen immer den richtigen Namen, wenn dreidimensional über uns einer dieser Giganten in den Raum schwebt. Die Darbietung ist atemberaubend schön. Dieser „schwebende“ Eindruck, Planeten zum Anfassen (aber auch die Monde, die Saturnringe etc.) kommen nicht zu kurz. Dazu diese hohe Auflösung, mit knackescharfen Bildern. Du „fliegst“ quasi in einen Canyon des Mondes oder des Mars hinein, landest und schaust dich um. Mittendrin!! Der Höhepunkt: das weitere Herauszoomen aus unserm Sonnensystem, unserer Galaxie bis hin zu einer Art buntem Schmetterling, die das (bekannte) Große und Ganze abbildet. Fantastische Aufnahmen - unserer Galaxie ist dort nicht mehr sichtbar.

Aber sie wird zu riechen sein, unsere Galaxie, zumindest heute (wenn sich da jemand aufhalten sollte, der/die/das eine Nase hat). Schon beim Betreten des Raumes waren Gabi und ich die „Aliens“ - denn wir waren die einzigen, die keinen Doppelzentner Popcorn, kein Fass Cola und keine sonstigen Schmatzriegel (im Combi-Pack erhältlich) mit uns schleppten. Der durchaus von den Abmessungen her (die Kuppel ist wie gesagt 21 Meter hoch) luftige Raum roch nach 5 Minuten komplett nach Popcorn und das so intensiv, dass auch unsere galaktischen Nachbarn ihren Spaß daran gehabt - oder wie wir weggerochen hätten.

Wie gesagt: super Show, 45 Minuten beste Unterhaltung, atemberaubende Aufnahmen der besten Teleskope und eine lehrreiche Zeit. Wir gehen raus und stellen uns gleich wieder an. Um 12:00 Uhr beginnt die nächste Show und angesichts des Regens (wir wollten die Zeit einfach gerne uns sinnvoll „innen“ nutzen) hatten wir gleich einen Doppelpack an Shows (mit Discout) gebucht.

Wir stehen als an und es soll gleich der Einlass sein. Wir unterhalten uns mit einer Mutter, die mit ihrem 9-jährigen und Ehemann vom Mississippi hier rüber gekommen ist. Denn: es ist „Springbreak!“ Aha, deshalb die vielen Familien und Kids an einem Wochentag. „Osterferien“. Plötzlich öffnen sich die Außentüren und wir werden freundlich gebeten, alle raus zu gehen. Komplette Evakuierung der Gebäude. Alle Museumsbesucher und -besucherinnen finden sich draußen ein. Staff und Publikum sind sehr entspannt. Feueralarm? Eine Übung? Nobody knows. Alle bleiben extrem relaxed und nach 20 Minuten dürfen wir wieder rein.

Mit kleiner Verspätung beginnt unsere zweite Show: „James Webb Space Telescope“. Das leistungsstärkste Teleskop aller Zeiten führt uns zur Evolution der Galaxis, dem Lebenszyklus der Sterne und fernen Systemen in unendlichen Weiten. Klingt schon schwer verdaubar, oder? Ich bin ehrlich: für mich ist es unbegreiflich, hier in den USA meilenweit mit dem Auto zu fahren und dabei bis zum Horizont nur Himmel zu sehen. Bis zum Mond zu fliegen kann ich mir noch räumlich und von den Distanzen her vorstellen. Aber dann ist auch bald Ende Gelände.

Unser Guide stellt uns „Hubble“ vor, das Telesokop, welches uns seit Jahrzehnten sichtbare Bilder ferner Galaxien liefert. „James Webb“ kann aber noch viel mehr und zeichnet Infrarote Signale auf, die dann umgerechnet und zum Teil mit den Hubble-Aufnahmen verschnitten werden. Ok, wenn der das so sagt, wird es stimmen - sieht ja auch spektakulär aus. Wenn ich dann aber diese Wolkengebilde von Sternen, Galaxien, Universen, schwarzen Löchern und Sonnen(Systemen) sehe und mir auch noch vorstellen muss, dass sich das Universum ausdehnt, während die Signale gesendet werden und sich dann auch noch Raum und Zeit gegeneinander verschieben …. steige ich gedanklich aus. Sorry: „information overload, systems on heat, hands up, closed eyes, can’t believe and imagine it - white flag!!!“ Da stelle ich doch lieber mein Navi auf „Lynchburg“, schalte den Gang in „D“ und rolle den Highway entlang, Jack Daniel’s entgegen. Das ist eher meine Welt, so bunt und 3-D die Aufnahmen auch sind - ich komme da einfach nicht mit. Der Hammer: am Ende teilt man uns mit, dass es zur Entschädigung für die kurze Unannehmlichkeit bezüglich des Feueralarms gegen Vorlage des Tickets für jeden eine Tüte Popcorn extra gibt! Nö, oder?

Bevor wir weiter fahren sehen wir uns jetzt aber erst mal die Ausstellungen an.

Im „Space Museum“ wird die Geschichte der amerikanischen Raumfahrt erläutert. Bilder von anderen Planeten, der Flug zum Mond, verschiedene Raumfahrzeuge, Militärraketen und eine „Hands-on“-Ecke bilden die Höhepunkte. Beeindruckend sind natürlich die originalen Raumfahrtanzüge, -geräte und -teile. Nebenan sind Trainingseinrichtungen verschiedener Spacelabs etc. zu besichtigen.

Simulationsanlagen im Park ermöglichen, das Gefühl der Schwerelosigkeit am eigenen Körper zu erleben. Das kommt besonders den Kids zu Gute, die sich hier in 4 Achsen herumwirbeln lassen, in Flugsimulatoren o.ä. ihre Grenzen austesten. Und im „Space Camp“ machen die Kids hier Weltraumferien mit allem drum und dran. Den ganzen Tag Weltraumtraining, Entdeckungen, Grenzerfahrungen, aber auch sichtlich viel Spaß und Teamarbeit. Inkl. Übernachtung, Mahlzeiten etc. manche ältere Kids laufen hier in diesen NASA-Astronautenanzügen rum inkl. wichtiger Aufnäher. Sie gehen von Simulator zu Simulator, erklären sich die verschiedenen Dinge im Museum etc. und sehen extrem bedeutend aus. Gab es zu meiner Kindheit nicht - ich musste auf der Straße spielen.

Das Saturn-V-Museum ist für mich der Mittelpunkt all dessen. Diese Rakete mit ihren 3 Stufen, die dann noch einmal gesondert ausgestellt werden (sie stammen von der Apollo 13), die riesigen Triebwerke, dazu immer eine sonore Stimme aus dem Off des Kontrollraums, die allem so eine ernsthafte Atmosphäre verleiht - ich mag das. Immer noch faszinierend ist die Geschichte der ersten Mondlandung. Hier erfährt man alles darüber. Über allem schwebt eine Saturn-5-Rakete, zerlegt in ihre Einzelteile. Wenn die senkrecht schon groß aussieht: über dir hängend ist es ein Gigant. 3 Stufen hat sie und der Aufbau gleicht dem in Florida. Hier kann ich den Mond nicht wie dort anfassen (ein tolles Erlebnis damals), dafür ist hier ausgestellte Brocken größer und: er wird von einem winzig kleinen Bären erobert. Tiny ist damit der erste Bär auf dem Mond („Ein kleiner Schritt für einen winzig kleinen Bären - ein großer Schritt für die Bärheit“). Er assistiert mir aber auch perfekt, als ich versuche, die Kommandokapsel in der Mondumlaufbahn zu halten (Team „Captain Jack“ und „Commander TLB“).

Im Shuttle-Park war - dem Namen entsprechend - ein Spaceshuttle inklusive Trägerraketen ausgestellt. Die Außenhülle des Shuttle ist aber verwittert und alles wird aktuell instand gesetzt. Dafür ist noch ein Flieger zu sehen, dessen Cockpit dem Shuttle angeglichen wurde und der den Shuttle-Piloten für Testflüge zur Verfügung stand.

Das war wieder toll - ein kurzer Streifzug durch den Giftshop und wir rollen gen Tennessee. Inzwischen wechseln wir die Staatengrenzen wir die Unterwäsche (naja, fast). 4 Meilen vor Lynchburg sehen wir die ersten großen Warehouses von Jack Daniel’s. Hier lagert ein Teil des Whiskeys und die Bäume ringsrum sind schwarz wie die Nacht. Das kommt von „Angle’s share“, dem verdunstenden Whiskey - genau wie in Schottland.

Auf die allerletzte Minuten (16:29 Uhr) sichern wir uns im Visitor Center der Jack Daniel’s Distillery Tourtickets für die erste Führung morgen früh, 09:30 Uhr. Supi! Wir buchen uns mit „Tasting“ ein. Auf meinen Hinweis, dass ich fahren muss höre ich, dass die Mengen so dosiert werden, dass die Fahrtüchtigkeit nicht beeinträchtigt wird. Klingt sehr pragmatisch.

Nun checken wir im „Country Inn“ am Rande des Örtchens ein - Rollbüsche, viel Gegend, einfach (aber ok). Dort erfahren wir um 16:45 Uhr, dass wir besser gleich in den Ort fahren. Es sei „ein kleiner Ort und die Geschäfte und Restaurants schließen um 5, spätestens um 6. Allen ernstes: die klappen hier im 18:00 Uhr die Bürgersteige hoch.

Der „Ort“ besteht aus einer Art Kirche oder Townhall (es ist das „Moore County Courthouse) mit im Karree drum herum befindlichen Shops und „Restaurants“ (letztere: alle geschlossen um 17:00 Uhr). Wenn sich alle, die mit Jack Daniel’s Produkten werben und diese verkaufen in Luft auflösen müssten wäre der Platz leer. Dabei gibt es im Ort der größten Whiskey-Distillery der USA keinen Schnaps zu kaufen - hier ist nämlich „Dry County“.

Genau so einen könnte ich aber jetzt gebrauchen. Wir haben nämlich in der einzigen Seitengasse eine Mini-Bude gefunden, die „Barrelhouse BBQ“ heißt und bis 18:00 Uhr geöffnet ist. Sehr speziell, aber töfte eingerichtet. Hier sind wir richtig und es gibt sogar Bier vom Fass. Absolute Neuerung für mich: sie befüllen die Gläser „bottom up“ - d.h. von unten! Das Glas hat unten ein Loch und einen Edelstahlring. Darauf liegt eine Art „Deckel“ mit dem Logo des Ladens. Das Glas kommt auf einen kleinen Zapfen, Knopfdruck, es füllt sich von unten. Per Magnetverschluss liegt der „Deckel“ - eine einfache, kleine Scheibe, auf dem Loch und das Bier kann unten nicht mehr raus. Genial!

Das Bier ist so gut wie das Essen. Wir bestellen „Combo BBQ“ und können wählen. Wir nehmen smoked pulled Pork und Ribs, dazu beans und Salat (Gabi) bzw. beans und fries (ich). A lot of food!!! Das ist quasi ein doppelter Dönerteller mit zusätzlich Ribs dazu. Nicht zu schaffen. Klasse Soßen haben sie in drei Schärfen: „mild“, „habanero“ und „scorpion“ (ghost peppers). Letztere geht nur tropfenweise - die beißt. Saulecker (im wahrsten Sinne des Wortes). Am Ende gehen wir noch kurz „hinten rum“, da ist das Smokehouse. Ich gucke rein und da kommt der Sohn des Hauses und lupft den Deckel für mich. Von abends bis zum nächsten Tag räuchert das Fleisch hier langsam bei niedriger Temperatur. Sehr gut. Jetzt muss ich an die Fotos - verkehrte Reihenfolge heute.

Morgen steht zuerst „Jack Daniel’s“ und dann Nashville auf dem Programm: Country-Music, wir kommen (im Country Inn sind wir ja schon drin).

Tagesetappe: 183 Kilometer
Übernachtung: Lynchburg Country Inn, 423 Majors Boulevard, Lynchburg, TN 37352

© 2024 Gabi & Jürgen