Tagebuch
Life is better in Flip Flops
07.03.24 03:17

Gabi im Gulf SP, Gulf Shore, Orange Beach, Alabama
Gestern Abend haben wir noch ferngesehen. Es gab eine Art Heimwerkerserie, in der Paare auf Hawaii völlig heruntergerockte und abrissfähige Immobilen für eine Dreiviertel Million Dollar erwerben, sie dann renovieren und anschließend selbst beziehen oder für 1,5 Millionen Dollar weiter verkaufen. Typisches „Arme-Leute-Fernsehen“ eben. Aber gut zu verfolgen und die Ergebnisse konnten sich wirklich sehen lassen. In der ersten Folge kaufte das Paar einer der fünf Töchtern während der Renovierungsphase noch eben ein Pferd, was zusätzlich den Bau eines angemessenen Stalls (30.000 $ - von der Ausstattung kann der arme Tony aus der Tiki-Bar wahrscheinlich nur träumen) erforderlich machte.
Heute frühstücken wir kurz im Hotel und sind dann früh auf der Bahn - die Zeitumstellung macht’s möglich. Wir haben länger diskutiert, welche Route wir heute nehmen wollen. Beide haben ihren Reiz - die zügigere führt über die Interstate 10, die deutlich langsamere immer am Meer entlang. Letztere erfordert aber eine Fährfahrt und wir wissen nicht, ob wir einen Platz bekommen. Ich hatte beide Varianten zu Hause ausbaldowert und wir sind uns einig: bei dem Kaiserwetter müssen wir an der Küste bleiben.
Nach Abfahrt vom Hotel fahren wir also nicht Richtung I-10, sonder bleiben an der See auf dem US-Hwy.-#98.
Über Pensacola Beach erreichen wir Orange Beach, einen modernen Badeort, der gleichzeitig die Grenze zwischen Florida und Alabama markiert. Gabi entdeckt das Staatenschild und zwingt mich zur Vollbremsung. „Sweet Home Alabama“ lässt grüßen. Hier könnten wir auch einen der bunten Jetski leihen und herumtoben - das ist aber nichts für uns. Da strolchen wir lieber rum und fotografieren z.B. interessante Zusammenstellungen von Autokennzeichen, hier „Licence-Plate“ genannt.
Etwas weiter - zwischen Orange Beach und Gulf Shores - liegt der Gulf State Park. Hier legen wir einen längeren Stop ein. Neben Naturwanderwegen gibt es hier einen der längsten Piere des Landes (470 m) und natürlich tollen, weißen Sandstrand vom Feinsten. Ist das schön hier. Wir laufen ein ganzes Stück die Küste entlang, beobachten die Angler, die Vögel oder die mutigen Jugendlichen, die sich schon weiter is sehr kühle Nass wagen. Herrlich - das ist Urlaubsfeeling pur.
Der Verkehr wird immer weniger, denn wir sind auf Pleasure Island angekommen. Unsere Fahrt führt durch Dünenlandschaften und Kiefernwälder. Auf beiden Seiten der Straße ist Wasser. Das ist typisch für diese Barriere-Inseln, die immer wieder hier vor der Küste liegen. Am Ende von Pleasure Island liegt die Fort Morgan State Historic Site. Das Fort Morgan, nach dem der Ort hier benannte ist spielte während des Bürgerkrieges eine große Rolle.
Wir wenden uns aber der Fähre zu und freuen uns, dass wir einen Platz bekommen - sie kann nämlich nur 28 Fahrzeuge aufnehmen. Das Ticket in der Tasche gehen wir noch rüber zum McMillan Fort Morgan Fishing Pier. Hier läßt sich ein schöner Pelikan freudig ablichten und wir können Vögeln und Anglern beim Fischen zusehen. Da sind die Tiere im Vorteil. Die segeln übers Wasser und stürzen sich kopfüber rein, wenn sie einen Fisch gesichtet haben. Meist sind sie erfolgreich.
Die Fähre ist mir 17 Autos nicht ausverkauft und fährt in 45 Minuten rüber nach Daupine Island. Der Reiseführer versprach für die Fährfahrt „kontrastreiche Fotomotive mit Bohrinseln und Fischerbooten“ - Botschaft verstanden, Foto gefertigt. Bohrinseln liegen hier übrigens viele vor Anker, mächtige Teile, die ich so nah auch noch nicht gesehen habe. Wir genießen die Überfahrt, lassen uns den Wind um die Nase wehen und die Gedanken schweifen.
Auf Daupine Island begrüßt uns Fort Gaines. Aber auch hier sind die typischen, kräftig bunten oder aber pastellfarbenen Villen und Häuschen eher nach unserem Geschmack. Hier leben auch nicht die ganz Armen.
Ein weiterer Vorteil unserer gewählten Route heute (neben der schöneren Fahrtstrecke): auf der Weiterfahrt ab Dauphine Island zur I-10 liegt Bellingraths Gardens direkt auf dem Weg. So fällt es uns leicht, auch hier noch einen Stop einzulegen. „Bellingrath Gardens and Home“ ist der 65 Hektar große öffentliche Garten und das historische Zuhause von Walter und Bessie Bellingrath am Fowl River in der Nähe von Mobile, Alabama. Walter Bellingrath war einer der ersten Coca-Cola-Abfüller im Südosten und baute mit seinem Reichtum den Garten und das Haus des Anwesens.
Wir sind fast alleine in dem riesigen Areal und genießen wieder einmal die Stille, die Natur, die tollen Aussichten, aber auch kleine Weggefährten wie den winzigen Gecko, der sich sehr fotogen zeigt.
Auf der Interstate 10 fangen wir uns dann einen fetten Steinschlag auf unserer Windschutzscheibe ein, als uns einer dieser großen Trucks überholt. Hoffen wir mal, dass die Scheibe hält, unseren roten Flitzer wollen wir nicht abgeben.
Kurz vor unserem heutigen Ziel legen wir dann sogar noch einen weiteren Kurzstop in Ocean Springs ein, das mit einer schnuckeligen Downtown aufwarten kann.
Gegen 17:00 Uhr erreichen wir unsere heutige Unterkunft, das „White House Hotel“ in Biloxi, ein historisches Gebäude von 1895. Sehr, sehr imposant und auch ein wenig nobler als die einfachen Motels der letzten Tage. Wir gehen im besten Abendlicht noch an den Strand (wir haben Meerblick) und genießen diesen außergewöhnlichen Tag.
Der hat jetzt an der Bar des White House seinen Höhepunkt gefunden. Getränke und Doppel-Burger sind hervorragend. Mein Mac hat noch 1% Akku und ich mache die Klappe jetzt zu - notgedrungen. Morgen: New Orleans - wir kommen!!
Tagesetappe: 272 Kilometer
Übernachtung: White House Hotel, 1230 Beach Boulevard, Biloxi, MS 39530
„Happy birthday to me!“
06.03.24 02:13

Gabi in der Apalachicola Chocolate and Coffee Company, Apalachicola, Florida
Mit Ansage: es gießt in Strömen, als wir aufwachen. War ja klar. Der „Sunshine State“ Florida hat heute Pause. Kein Problem - für heute steht eine Überbrückungsfahrt Richtung New Orleans an, nichts Aufregendes auf dem Programm, „nur“ weiße Strände, die heute komplett verregnet sind und für uns daher ausfallen. Wir telefonieren mit Vater und Birgit - zu Hause alles ok; sehr gut so! Die Koffer kriegen wir kaum ins Auto, ohne bis auf die Haut nass zu werden. Kalt ist es nicht, daher greifen wir zu kurzer Hose und Flip Flops - so können weniger Klamotten nass werden.
Es ist nur eine halbe Stunde bis Apalachicola, (auf Deutsch: „Die freundlichen Leute von der anderen Seite“). Dort wollen wir frühstücken, wir haben ja viel Zeit heute. Auf den ersten Blick handelt es sich hier um ein verschlafenes Provinznest, in dessen Hafengebiet sich ein paar Fischer gelangweilt herumdrücken. Apalachicola ist aber die „Hauptstadt der Austernfischer“. 90% der Austernernte Floridas und 10% der Austern in den USA stammen von hier; es gibt 50 qkm bestens kultivierter Austernbänke mit einem jährlichen Ertrag von 1.000 Tonnen. Respekt! Wir halten in der Market Street - weit gehen können wir nicht bei dem Sauwetter. Vorher über Google Maps ausgekundschaftet: hier sind die meisten Läden.
So landen wir sehr schnell in der „Apalachicola Chocolate and Coffee Company“. Hier rösten sie den Kaffee selbst und frisch. Schokoladen-, Eis-, Fudgespezialitäten werden ebenso frisch zubereitet wie gebackenes: Kuchen, Croissants und Teilchen aller Art. Sensationell kalorienreich!! Aber auch urgemütlich. Wir bestellen zwei Kaffee Latte - wie sollen die denn geschmacklich aufgepeppt werden („ihr wollt die ja bestimmt nicht einfach so?“)? Ich nehme „Pfefferminz“ (erstaunlich frischer Kick!) und Gabi entscheidet sich für „salted Caramel“ - auch sehr lecker! Ich gönne mir eines dieser köstlichen Croissants mit Ei, Schinken und Cheddar, Gabi nascht einen „Apple-Cinamon-Scone“. Wie gesagt: macht satt! Das Ambiente ist aber auch zu schön. Da ich weiß, dass Fotos draussen heute nicht stattfinden werden gebe ich mir Mühe die Atmosphäre hier etwas einzufangen.
Wir fahren weiter, immer an der Küste entlang. Links von uns liegt immer die Golfküste, es ist aber alles sehr grau heute. Der Regen wird stärker bis er nicht mehr stärker werden kann. Unglaublich! Scheibenwischer auf volle Pulle, Geschwindigkeit runter, es blitzt und der Regen prasselt nur so danieder. So was habe ich selten, wenn überhaupt schon mal, so erlebt. Welche Wassermassen kommen da runter. Wenn ich mir jetzt noch einen Hurrikan dazu vorstelle, dann ist das bestes Florida-Katastrophenwetter.
Wir lassen uns aber nicht einschüchtern. Gabi packt auf der weiteren Fahrt Vitamine aus, bereitet Nektarinen und Orange in mundgerechte Stückchen vor und passt auf, dass es dem Fahrer an nichts mangelt. Dazu gute Musik - geht doch!
In Denstin wird der Regen endlich weniger, wir suchen einen Walmart auf, um die Chips- und Wasservorräte (40 Pullen a 0,5 Liter) aufzufrischen und auch noch etwas Obst für morgen zu kaufen. Dabei schauen wir auch nach den „Grits“, die hier zur Nationalspeise gehören und in zigfacher Ausführung zu bekommen sind. Es handelt sich tatsächlich um eine Art „weißes Polenta“. Ich frage einfach eine ältere Dame nach den Rezepten und sie freut sich, mit mir ins Gespräch zu kommen. Die Preise hier sind echt ok insgesamt. Ich schaue mal kurz, ob ich auch bei uns Grits über Amazon gibt. Ja - genau die gleichen Dosen, nur mit 20,00 € 10 mal so teuer wie hier, die 6,00 € Versandkosten nicht mitgerechnet. Ich finde diese Supermärkte hier echt sehenswert mit ihrer wahnsinnig vielfältigen Auswahl. Besonders mag ich Beef und Seafood - sieht super aus. Als ein Beispiel für die Größenordnung habe ich mal die Colaabteilung fotografiert.
Wir sind etwas zu früh in Fort Walton Beach. Hinzu kommt die neuerliche Zeitverschiebung. Wir sind jetzt eine Zeitzone „weiter westlich“ und damit bis auf Weiteres - 7 Stunden gegenüber Deutschland zurück. Unser Zimmer ist aber schon fertig. Super!
Wieder schaue ich im Netz nach, wohin wir bei drohendem weiteren Regen denn gehen könnten. Ich finde ein sehr gut bewertetes Seafood-Restaurant. Eigentlich ist es noch zu früh dafür, aber wir gehen schon mal los. Genau richtig - auf dem Weg dorthin stolpern wir nämlich über eine „Tiki-Bar“, das sind Freilufttheken im polynesischen Stil mit Palmenblätterdach. Die Sorte kennen wir aus unserem Floridaaufenthalt 2016. Hier sitzen lauter „locals“ und lassen sich die alkoholischen Getränke schmecken. Ich ordere ein gezapftes Bier für mich (Heiner wird sich auf links drehen: Plastikbecher und null Krone) und eine Margarita für Gabi. Zwischendurch quatsche ich mit 2 Kerlen an der Theke. Sehr freundlich - irgendwie scheinen das hier alles Veteranen zu sein; die Bar hat ja auch ein „GI“ im Namen: „GI Jade Tiki Bar & Bistro“. Ich schieße noch ein paar Schnappschüsse und dann kommt Tony an unseren Tisch.
Tony ist Jahrgang 1967 (er zeigt mir seinen Ausweis zum Beweis dafür, dass er heute Geburtstag hat). Er ist unverkennbar Fetenvollster hier, drahtig schlank und super freundlich zu uns. Das hier ist sein „best place to be“ und er betrinkt heute seinen Geburtstag. Wir singen im ein „happy birthday“, was er super findet und worauf er uns mehrfach abklatscht. 14 Jahre hat er für eine deutsche Firma gearbeitet, die Pumpen herstellt. 2009 war er sogar mal in Nürnberg. Das erzählt er uns mindestens drei mal. Jetzt ist er „Rentner“ - es reicht aber vorne und hinten nicht. Sein Zahnbefund ist erschreckend (was die verbleibenden paar Zähne betrifft) und wird nur übertroffen von dem bedrohlich wirkenden, walnussgroßen Geschwür am rechten Unterkiefer. Wie sagte Gabi gerade eben? „Das ist eine wirklich arme Socke!“ Aber total lieb! Er mag es, wie Gabi lacht und fragt, ob er ein Foto von ihr machen darf.? Klar! Und auch eins von uns beiden? Logo! Er versucht seinen Bruder anzurufen, den er nicht erreicht. Aber seine Schwägerin geht ran und schimpft lautstark vor sich hin. Er nimmt es gelassen, kontert mit einem „Happy birthday to me!“ Und erzählt uns nochmal, dass er 2009 in Nürnberg war. Eigentlich eine schwierige Situation - hier aber völlig authentisch und ich bin sicher, er wird heute noch einigen Leuten von seinen neuen „German Best Friends“ berichten.
Wir wechseln jetzt aber ins „The Shack Seafood Restaurant“. Dort kann man lustige Drinks bestellen und darf den Becher samt Piratenkopf oder Turtle anschließend behalten. Wir ordern „Black Widdow Cider“ und ein Bier namens „Blonde Bomber“ - das einzige, was hier aus Fort Walton Beach kommt. Für die Aufmachung der Dose kann ich echt nix - der Name passt jedenfalls. Zu Essen bestellen wir Südstaatenküche: Crabcakes (Krebsfleischfrikadellen) mit Hushpuppies (frittierte Krokettenbällchen aus Maismehl) für Gabi, Mahi Mahi (Goldmakrele), Shrimps und Süßkarttoffelpommes für mich. Sehr, sehr lecker!
Zurück auf dem Zimmer ist es immer noch sehr früh. Jetzt ist alles fertig (Fotos, Tagebuch, Website) und es ist mal gerade 19:30 Uhr neuer Zeitrechnung. Ist doch prima! Wir trinken noch ein kleines Glas Wein und schauen, was es noch im TV gibt. Prost Tony - auf deinen Geburtstag - „you’re a good guy!“
Tagesetappe: 233 Kilometer
Übernachtung: La Quinta by Wyndham Fort Walton Beach, 3 South-West Miracle Strip Parkway, Fort Walton Beach, FL 32548
A lot of water
05.03.24 02:08

Jürgen am Beach von Alligator Point, Florida
Das „Americas Best Value Lake City“ ist nun wirklich nicht die allerbeste Empfehlung - es tat aber seinen Zweck. Und ich werde es allein deshalb nie vergessen, weil ich um Mitternacht im Schlafanzug draussen vor der Tür auf dem Parkplatz (um Gabi nicht zu stören) ein sehr wichtiges dienstliches Telefonat führen musste. Angezeigt war eine kollegiale Beratung anlässlich des schrecklichen Brandes in einem Seniorenheim in Bedburg-Hau. Anschließend fällt das Einschlafen naturgemäß nicht leicht. Meine Gedanken sind bei den betroffenen Familien, den Pflegekräften (die sicherlich Schlimmes durchgemacht haben) und natürlich bei den Einsatzkräften von Rettungsdienst, Feuerwehr, Kreisleitstelle und Polizei sowie meinen Kolleginnen und Kollegen der Kreisverwaltung, die sich jetzt gerade den damit verbundenen Herausforderungen stellen.
Wir sind in Florida und die Sonne scheint (noch). Vor uns liegt ein Tag mit einem sehr abwechslungsreichen Programm. Dabei spielt jede Menge Wasser eine Hauptrolle. Frühstück kann man den Kaffee und die Muffins mit ergänzendem Obst nicht wirklich nennen, was im Motel angeboten wird. Aber ich habe ja einiges zuzusetzen, wie die Fotos zeigen - Mann o Mann, so schlecht „in Shape“ war ich lange nicht mehr. Die wochenlange Erkältung ohne Sport hat seine Spuren hinterlassen. Aber versprochen: nach unserer Rückkehr werde ich das Peloton-Bike sehr intensiv nutzen - meine Community von „Spin to Slim“ und „RockGoesPeloton“ wartet nur darauf, mich wieder herauszufordern.
Nach wenigen Meilen erreichen wir den Suwannee River State Park. Eintritt 5,00 $ - das passt! Tickets gibt es nicht, nur eine Art „Opferstock“, in die ich den Schein zwänge - nicht ohne zuvor darauf unser Kennzeichen und das Datum notiert zu haben (falls mal jemand fragt). Hier ist niemand anzutreffen, nur die Vögel zwitschern. Das ist eine sagenhafte Atmosphäre, die wir sehr genießen. Wir gehen den „Suwannee River Trail“ und den „Lime Sink Run Trail“, beobachten die großen Raubvögel, die hier kreisen und auch „Woody Woodpecker“, der seinen Schnabel gegen die Baumrinde hämmert. Zu weit weg zum fotografieren - aber ein tolles Erlebnis. Wie gestern schon hängen auch hier einige Angelhaken mit „Schwimmer“ in den Bäumen - Angler aufgepasst!
Das ist hier ein wunderbares Gebiet zum Erholen abseits der Trampelpfade des Massentourismus. Der Suwannee River ist übrigens ein vielbesungener Fluss; er entspringt in den Okefenokee Swamps in Georgia, die wir gestern besucht haben; er schlängelt sich durch wilde Zypressenwälder. Das war ein super Stop!!
Mit zwischenzeitlichem Tankstop und einem „Crispy Chicken Sandwich“ für den kleinen Hunger zwischendurch erreichen wir gegen 12:45 Uhr den „Edward Ball Wakulla Springs State Park“. Die Quellen gehören zu den größten Süßwasserquellen der Welt (!). Deren Austritt liegt 55 m unter der Wasseroberfläche; hier sprudeln pro Minute (!!) 2,5 Million Liter Wasser (!!) aus einem Erosionstrichter und bilden eine seeähnliche Wasserfläche, die nun vor uns liegt. Unfassbar!
An den Ufern stehen mit spanish moss behangene Baumriesen. Die dazugehörige Lodge kann sich sehen lassen. Eine Bootstour wäre nur um 15:00 Uhr möglich, was uns zu spät ist. Satt dessen nehmen wir lieber zwei Trails in Angriff, die uns durch den Urwald führen: der Hammock Spur Trail und ein kleines Stück des insgesamt 6 Meilen langen Sally Ward Trails geben uns nochmals Ruhe, das Gefühl, komplett alleine auf der Welt zu sein und eins mit der Natur zu werden. Schön zu wissen, dass Johnny Weißmüller hier seine Tarzan-Filme gedreht hat - das macht die Wanderung noch mystischer - ein weiterer Movie-Spot.
Es ist Nachmittag geworden und wir steuern nun unser Motel in Carravelle an. Einen kleinen Umweg gönnen wir uns noch, denn unsere Ankunft an der Küste des sog. „Panhandle“ (Pfannenstiel) von Florida muss gebührend begangen werden. Bislang haben wir unser Planung fast immer 1:1 umsetzen können - so auch heute. Wir fahren noch ein paar Meilen zur Ortschaft „Alligator Point“. Hier finden wir typische Florida-Strandhäuser in den gewohnten Pastellfarben. Sehr nobel liegen sie aufgereiht am weißen Sandstrand. Die Häuser in zweiter Reihe dürfen auch mal extravagant daher kommen.
Nun weiß ich auch, warum die Leute hier so große Autos benötigen. Es ist schon beeindruckend, wie vollständig ausgerüstet man hier den Tag am Strand verbringt. Vom Zelt über den Windschutz, halber Küche und Drohne inklusive Landeplatz ist alles dabei. Über allem schwebt aber der Flair von Nichtstun und „relaxed“ sein - und das bei blauem Himmel - herrlich!!
Am Motel in Carrabelle schaue ich mal kurz auf den Wetterbericht für morgen - gar nicht gut! Regen und Gewitter entlang der gesamten Küste. Das wird schwierig, aber übermorgen ist schon wieder alles gut.
So nutzen wir die sonnige Zeit, die uns heute noch bleibt. Warm genug ist es mit schwülen 25 Grad ohnehin und die kurzen Hosen bleiben in den nächsten Tagen Programm. Ab mit dem Auto die 1,3 Meilen zurück in den „Ortskern“. In Harry’s Bar trinken wir Bier vom Fass und Cider in einer Art Biergarten. Hinten in der Ecke schrummeln eine Dame und ein Herr (ebenfalls Gäste) auf zwei Gitarren. Am Nebentisch, gut 4 Meter entfernt, sitzen zwei amerikanisch-kanadische Paare, die sich mit uns lautstark unterhalten. Im Hintergrund dudelt noch (zugegeben schöne) Musik. Dazu piksen uns winzigkleine Mosquitos, die kaum zu sehen sind, aber richtig gut beißen können. Klasse, so mögen wir das!
Letzter Stop des Tages: „Morning Bite Restaurant“. Hier an der Küste dürfen es auch mal Meeresfrüchte sein. Ich entscheide mich für „Shrimps Grids“, ein typisches Südstaatengericht mit Schrimps und einer Art Polenta, die sehr „spicy“ gewürzt ist. Schmeckt mir richtig gut. Gabi hat Chicken (die könnten ja theoretisch auch schwimmen) mit Nudeln.
Wir haben eine Menge Wasser gesehen heute. Ich kann die Menge, die diese Quelle bei Wakulla Springs erzeugt, immer noch nicht fassen. Ich hatte das aber zu Hause schon recherchiert und es wurde heute bestätigt. Darauf jetzt noch einen Becher Wein - das beste „Wasser“ ever und dann folgt eine hoffentlich gute Nacht. See you!!
Tagesetappe: 298 Kilometer
Übernachtung: Franklin Inn, 1589 Highway 98 West, Carrabelle, FL 32322
Gator Day
04.03.24 02:59

Gabi am Eingangsschild zu den Okefenokee Swamps, Georgia
Das Best Western Motel auf der schönen Insel St. Simons liegt in einer Art „Wohngebiet“ - oder soll ich es besser „Reservat“ nennen? Es liegt jedenfalls sehr schön und vor allem ruhig, was uns auch eine gute Nacht beschert. Das Frühstück ist gut (amerikanisch) inklusive Wahlkampf im TV.
Wir haben heute nur ein Ziel: die „Okefenokee Swamps“, die sich ca. 90 Fahrminuten südwestlich von uns befinden. Das riesige Sumpfgebiet hat zwei Zugänge: einen westlichen und einen östlichen. Da wir von der Küste kommen ist klar, dass wir in jedem Fall das westliche Gebiet rund um die Suwannee River Recreational Area besuchen. Wieder geht es über die riesige Brücke bei Jekyll Island und dann den gesamten Tag (und damit rd. 300 Kilometer) immer geradeaus. Bremsen ist fast überflüssig - manchmal abbiegen, dann wieder meilenweit laufen lassen. Das erzeugt geringe Drehzahlen und somit einen erfreulich günstigen Spritverbrauch. Ich schaffe es heute auf bisher unerreichte 39,9 Meilen/Gallone (wer Zeit und Lust hat könnte das mal umrechnen in Liter auf 100 km - dafür habe ich leider keine Zeit). Das ist aber sehr günstig!
Der Tagespass für das gesamte Gebiet kostet 5,00 $/Auto. Auch das ist ein Schnapper. Apropos: Alligatoren werden heute die Hauptrolle spielen, denn wie Ingrid uns schon zu Recht mitgeteilt hat: hier leben viele Cousins und Cousinen von den lieben Alis und Gators aus dem Caw Caw Interpretive Center, das wir am vergangenen Donnerstag besuchten.
Im Visitor Center lernen wir Mason kennen, einen jungen Mann, der heute unser Tourguide sein wird. Um 12:00 Uhr startet nämlich eine 90-minütige Bootstour, die er leitet und an der wir teilnehmen wollen. Da wir noch eine gute Dreiviertel Stunde Zeit haben, nehmen wir zum Aufwärmen schon mal den „Cane Pole Trail“ unter die Füße. Gemütlich spazieren wir am Kanal entlang - es ist schließlich Sonntagmorgen. Und dabei entdecken wir auch schon die ersten beiden Alligatoren, allerdings noch etwas weiter weg. Der erste von den beiden liegt fotogen in einer Art „Durchgang“.
Es ist 12:00 Uhr und pünktlich startet unser Boot, das außer uns noch 2 amerikanische Paare nutzen. Klasse, zu sechst sind wir eine kleine Gruppe und haben viel Platz an Bord. Mason erklärt sehr viel und ist stets darauf bedacht, uns die Schönheit der Landschaft, aber natürlich auch die Alligatoren, Schildkröten, Vögel etc. nahe zu bringen. Dabei achtet er peinlich genau darauf, diese nicht zu stören. Klappt: Motor immer wieder mal ausmachen, treiben lassen, nicht zu nahe heran die die Tiere. Finde ich gut, denn wir kommen denen trotzdem sehr nahe. Klasse Tour!
Das Wort „Okefenokee“ stammt aus der Sprache der Hitchiti-Mikasuki-Ureinwohner und bedeutet so viel wie „bebende Erde“ (weil auf dem schwarzen Wasser alles bei der kleinsten Bewegung zu „beben“ scheint). Es handelt sich mit den 630 Quadratmeilen um den größten Schwarzwasser-Sumpf in Nordamerika und eines der weltweit größten intakten Frischwasser-Ökosysteme. Eine Durchquerung von Ost nach West per Kanu und Zeltausrüstung (eine dieser Abenteurer begegnen uns auf unserer Tour) dauert 4-5 Tage. 10.000 bis 13.000 amerikanische Alligatoren leben hier - und bestimmt 30-40 davon haben wir heute gesehen. Es gibt aber auch diverse Schlangenarten (die größte ist die Indigo Snake mit über 2 Metern Länge), Bobcats, Schwarzbären, viele, viele Vogelarten und mehr.
Das Wasser ist so schwarz, weil sehr viele Blätter und andere organische Substanzen dort von Mikroorganismen zersetzt werden und als Schwebstoffe alles schwarz färben. Das Wasser fließt außerdem kaum und ist auch recht sauer, was einen sehr speziellen Lebensraum erzeugt.
Mich begeistern die wahnsinnigen Spiegelungen, mir wird manchmal richtig schwindelig, weil ich die Grenze zwischen „oben“ und „unten“ oft gar nicht mehr richtig zuordnen kann. Ich finde auch die Zypressen mit ihrem „Elefantenfuß“ richtig gut. Oft halte ich die Kamera knapp über die Wasseroberfläche, um einen tiefen Blickwinkel „auf Augenhöhe“ mit den Alligatoren zu bekommen. Ist ganz gut gelungen, finde ich.
Der Kanal, auf dem wir zunächst fahren, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts durch die Suwanee Canal Company errichtet. Die haben hier fast alle Zypressen gefällt, Macon spricht von mehreren Millionen (oder sogar Milliarden?) Längenmetern. Um das Holz besser abtransportieren zu können, haben sie diesen schnurgeraden Kanal gebaut, durch den wir heute fahren. Später biegen wir aber noch ab und erreichen die „Prairie“ - eine weite, offene Wasserfläche mit Wasserlilien und „never wet“-Pflanzen, deren Blätter tatsächlich niemals nass werden können, weil Wasser komplett abperlt. Die sehen gut aus mit ihren gelben (für mich an Anthurien erinnernden) Blütenständen.
Hier finden wir einige besonders fette Exemplare der Schnappmäuler und auch pflanzliche „Kollegen“, die Insekten „schnappen“ und nicht mehr loslassen. Immer wieder sehen wir auch die verschiedensten Vögel am Ufer.
Das hat uns so gut gefahren, dass wir die Option, auch den östlichen Abschnitt des Parkes zu besuchen, trotz des Umweges gerne in Angriff nehmen. Zur Stärkung lassen wir uns noch 2 Tuna-Sandwiches „mit allem“ bauen und mampfen frohgemut weiter Richtung Westen. Fahren kann das Auto ja fast von allein - immer geradeaus.
Im Stephen C Foster State Park, wie der östliche Abschnitt auch heißt, sind gegen 15:30 Uhr für heute leider keine Bootstouren mehr zu bekommen. Egal - gelaufen sind wir heute ohnehin viel zu wenig. Wir begeben uns also auf den Nature Trail mit Boardwalk und Gabi hat mit ihrem guten Auge auch schnell 2 Schlangen entdeckt, die unbeweglich aufeinander liegen und gerade Hochzeit feiern. Na dann viel Spaß! Auch einen fetten Alligator entdecken wir später im kleinen Hafenbecken am Ende des Trails.
Letzte Unternehmung für heute: eine Fahrt entlang des „Suwannee River Sill“, einem weiteren Kanal, der an einem Staudamm endet. Der Tag neigt sich dem Ende zu und die Farben spielen verrückt. Gelb- und Lilatöne mischen sich ins Abendlicht.
Nach 45 Minuten erreichen wir die Staatsgrenze zwischen Georgia und Florida und schießen weitere Bilder für die Staatenschildersammlung“. Eine Viertel Stunde später sind wir im Motel, das das günstigste unserer Reise ist und auch deutlich spartanisch daher kommt. Aber: ok!
Hunger haben wir nicht mehr wirklich heute. Wir haben noch Nektarinen, eine Paprika und dazu eine Orange und Banane aus der Hotel-Lobby. Ich besorge Eis aus der Eismaschine und so haben wir gekühlte Weinschorle, die ich gleich noch mit ein paar Chips krönen werde.
Heute Morgen habe ich noch gesagt, dass ich heute Abend viel schnell fertig bin als sonst, weil es heute ja nichts zu schreiben gibt. War ein Irrtum - gute Nacht! Uns geht es gold!
Tagesetappe: 317 Kilometer
Übernachtung: Americas Best Value Inn, 3835 West US Highway 90, Lake City, FL 32055