Tagebuch




„Happy birthday to me!“

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Gabi in der Apalachicola Chocolate and Coffee Company, Apalachicola, Florida

Mit Ansage: es gießt in Strömen, als wir aufwachen. War ja klar. Der „Sunshine State“ Florida hat heute Pause. Kein Problem - für heute steht eine Überbrückungsfahrt Richtung New Orleans an, nichts Aufregendes auf dem Programm, „nur“ weiße Strände, die heute komplett verregnet sind und für uns daher ausfallen. Wir telefonieren mit Vater und Birgit - zu Hause alles ok; sehr gut so! Die Koffer kriegen wir kaum ins Auto, ohne bis auf die Haut nass zu werden. Kalt ist es nicht, daher greifen wir zu kurzer Hose und Flip Flops - so können weniger Klamotten nass werden.

Es ist nur eine halbe Stunde bis Apalachicola, (auf Deutsch: „Die freundlichen Leute von der anderen Seite“). Dort wollen wir frühstücken, wir haben ja viel Zeit heute. Auf den ersten Blick handelt es sich hier um ein verschlafenes Provinznest, in dessen Hafengebiet sich ein paar Fischer gelangweilt herumdrücken. Apalachicola ist aber die „Hauptstadt der Austernfischer“. 90% der Austernernte Floridas und 10% der Austern in den USA stammen von hier; es gibt 50 qkm bestens kultivierter Austernbänke mit einem jährlichen Ertrag von 1.000 Tonnen. Respekt! Wir halten in der Market Street - weit gehen können wir nicht bei dem Sauwetter. Vorher über Google Maps ausgekundschaftet: hier sind die meisten Läden.

So landen wir sehr schnell in der „Apalachicola Chocolate and Coffee Company“. Hier rösten sie den Kaffee selbst und frisch. Schokoladen-, Eis-, Fudgespezialitäten werden ebenso frisch zubereitet wie gebackenes: Kuchen, Croissants und Teilchen aller Art. Sensationell kalorienreich!! Aber auch urgemütlich. Wir bestellen zwei Kaffee Latte - wie sollen die denn geschmacklich aufgepeppt werden („ihr wollt die ja bestimmt nicht einfach so?“)? Ich nehme „Pfefferminz“ (erstaunlich frischer Kick!) und Gabi entscheidet sich für „salted Caramel“ - auch sehr lecker! Ich gönne mir eines dieser köstlichen Croissants mit Ei, Schinken und Cheddar, Gabi nascht einen „Apple-Cinamon-Scone“. Wie gesagt: macht satt! Das Ambiente ist aber auch zu schön. Da ich weiß, dass Fotos draussen heute nicht stattfinden werden gebe ich mir Mühe die Atmosphäre hier etwas einzufangen.

Wir fahren weiter, immer an der Küste entlang. Links von uns liegt immer die Golfküste, es ist aber alles sehr grau heute. Der Regen wird stärker bis er nicht mehr stärker werden kann. Unglaublich! Scheibenwischer auf volle Pulle, Geschwindigkeit runter, es blitzt und der Regen prasselt nur so danieder. So was habe ich selten, wenn überhaupt schon mal, so erlebt. Welche Wassermassen kommen da runter. Wenn ich mir jetzt noch einen Hurrikan dazu vorstelle, dann ist das bestes Florida-Katastrophenwetter.

Wir lassen uns aber nicht einschüchtern. Gabi packt auf der weiteren Fahrt Vitamine aus, bereitet Nektarinen und Orange in mundgerechte Stückchen vor und passt auf, dass es dem Fahrer an nichts mangelt. Dazu gute Musik - geht doch!

In Denstin wird der Regen endlich weniger, wir suchen einen Walmart auf, um die Chips- und Wasservorräte (40 Pullen a 0,5 Liter) aufzufrischen und auch noch etwas Obst für morgen zu kaufen. Dabei schauen wir auch nach den „Grits“, die hier zur Nationalspeise gehören und in zigfacher Ausführung zu bekommen sind. Es handelt sich tatsächlich um eine Art „weißes Polenta“. Ich frage einfach eine ältere Dame nach den Rezepten und sie freut sich, mit mir ins Gespräch zu kommen. Die Preise hier sind echt ok insgesamt. Ich schaue mal kurz, ob ich auch bei uns Grits über Amazon gibt. Ja - genau die gleichen Dosen, nur mit 20,00 € 10 mal so teuer wie hier, die 6,00 € Versandkosten nicht mitgerechnet. Ich finde diese Supermärkte hier echt sehenswert mit ihrer wahnsinnig vielfältigen Auswahl. Besonders mag ich Beef und Seafood - sieht super aus. Als ein Beispiel für die Größenordnung habe ich mal die Colaabteilung fotografiert.

Wir sind etwas zu früh in Fort Walton Beach. Hinzu kommt die neuerliche Zeitverschiebung. Wir sind jetzt eine Zeitzone „weiter westlich“ und damit bis auf Weiteres - 7 Stunden gegenüber Deutschland zurück. Unser Zimmer ist aber schon fertig. Super!

Wieder schaue ich im Netz nach, wohin wir bei drohendem weiteren Regen denn gehen könnten. Ich finde ein sehr gut bewertetes Seafood-Restaurant. Eigentlich ist es noch zu früh dafür, aber wir gehen schon mal los. Genau richtig - auf dem Weg dorthin stolpern wir nämlich über eine „Tiki-Bar“, das sind Freilufttheken im polynesischen Stil mit Palmenblätterdach. Die Sorte kennen wir aus unserem Floridaaufenthalt 2016. Hier sitzen lauter „locals“ und lassen sich die alkoholischen Getränke schmecken. Ich ordere ein gezapftes Bier für mich (Heiner wird sich auf links drehen: Plastikbecher und null Krone) und eine Margarita für Gabi. Zwischendurch quatsche ich mit 2 Kerlen an der Theke. Sehr freundlich - irgendwie scheinen das hier alles Veteranen zu sein; die Bar hat ja auch ein „GI“ im Namen: „GI Jade Tiki Bar & Bistro“. Ich schieße noch ein paar Schnappschüsse und dann kommt Tony an unseren Tisch.

Tony ist Jahrgang 1967 (er zeigt mir seinen Ausweis zum Beweis dafür, dass er heute Geburtstag hat). Er ist unverkennbar Fetenvollster hier, drahtig schlank und super freundlich zu uns. Das hier ist sein „best place to be“ und er betrinkt heute seinen Geburtstag. Wir singen im ein „happy birthday“, was er super findet und worauf er uns mehrfach abklatscht. 14 Jahre hat er für eine deutsche Firma gearbeitet, die Pumpen herstellt. 2009 war er sogar mal in Nürnberg. Das erzählt er uns mindestens drei mal. Jetzt ist er „Rentner“ - es reicht aber vorne und hinten nicht. Sein Zahnbefund ist erschreckend (was die verbleibenden paar Zähne betrifft) und wird nur übertroffen von dem bedrohlich wirkenden, walnussgroßen Geschwür am rechten Unterkiefer. Wie sagte Gabi gerade eben? „Das ist eine wirklich arme Socke!“ Aber total lieb! Er mag es, wie Gabi lacht und fragt, ob er ein Foto von ihr machen darf.? Klar! Und auch eins von uns beiden? Logo! Er versucht seinen Bruder anzurufen, den er nicht erreicht. Aber seine Schwägerin geht ran und schimpft lautstark vor sich hin. Er nimmt es gelassen, kontert mit einem „Happy birthday to me!“ Und erzählt uns nochmal, dass er 2009 in Nürnberg war. Eigentlich eine schwierige Situation - hier aber völlig authentisch und ich bin sicher, er wird heute noch einigen Leuten von seinen neuen „German Best Friends“ berichten.

Wir wechseln jetzt aber ins „The Shack Seafood Restaurant“. Dort kann man lustige Drinks bestellen und darf den Becher samt Piratenkopf oder Turtle anschließend behalten. Wir ordern „Black Widdow Cider“ und ein Bier namens „Blonde Bomber“ - das einzige, was hier aus Fort Walton Beach kommt. Für die Aufmachung der Dose kann ich echt nix - der Name passt jedenfalls. Zu Essen bestellen wir Südstaatenküche: Crabcakes (Krebsfleischfrikadellen) mit Hushpuppies (frittierte Krokettenbällchen aus Maismehl) für Gabi, Mahi Mahi (Goldmakrele), Shrimps und Süßkarttoffelpommes für mich. Sehr, sehr lecker!

Zurück auf dem Zimmer ist es immer noch sehr früh. Jetzt ist alles fertig (Fotos, Tagebuch, Website) und es ist mal gerade 19:30 Uhr neuer Zeitrechnung. Ist doch prima! Wir trinken noch ein kleines Glas Wein und schauen, was es noch im TV gibt. Prost Tony - auf deinen Geburtstag - „you’re a good guy!“

Tagesetappe: 233 Kilometer
Übernachtung: La Quinta by Wyndham Fort Walton Beach, 3 South-West Miracle Strip Parkway, Fort Walton Beach, FL 32548

© 2024 Gabi & Jürgen