Tagebuch
"Was wir so alles machen ...!"

Jürgen und die erste Trompete von Louis Armstrong, Jazz Museum, New Orleans, Louisiana
Tolles Zimmer, gute Nacht - wenn es auch gestern Abend (zu) spät wurde mit dem Tagebuch etc. ich korrigiere als erstes mal die gröbsten Schnitzer, die mir heute Nacht dann doch unterlaufen sind. Dann gehen wir ganz entspannt frühstücken. Das geht hier sehr fein am Pool bzw. unter den schönen Bäumen im Innenhof.
Entgegen der Vorhersagen regnet es noch nicht. Also stiefeln wir los. Zunächst durchqueren wir noch einmal den Louis Armstrong Park gegenüber. Wenn wir hinten raus gehen, gelangen wir in einen anderen Stadtteil: Treme. Hierher verirren sich Touristen eher selten und wir genießen die Ruhe in den Straßen. Der Stadtteil Treme erinnert ein wenig an das French Quarter der 1980-er Jahre. Viele Häuser wurden nach Katrina bunt und frisch gestrichen, andere stehen immer noch schief. Wir laufen einige Blocks ab. Auch hier erleben wir wieder diese. Mischung von tollen Häusern und atemberaubenden Bäumen. An einer ziemlich verwahrlosten Kirche haben Sie das „Grab des unbekannten Sklaven“ gekennzeichnet.
Bunt ist es hier auch und an den lustig bemalten Mülltonnen treffe ich eine etwas flippig gekleidete „local“, die die Tonnen auch fotografiert. Sie habe „die noch nie gesehen, lustig, oder?“ „Ja, bist du von hier?“ „Klar, ich wohne gleich da vorne - aber wenn man hier lebt, wird man schnell funny and crazy!“ Spricht es und geht leise in sich hinein kichernd ihres Weges.
Wir landen naturgemäß wieder im French Quarter und stellen fest, dass man hier auch heute noch sein Pferd anbinden kann, wenn man geritten kommt. Es ist um diese Uhrzeit wieder mal kaum etwas los und wir machen Bilder von der schönen Architektur. Es sind viele locals unterwegs, um ihre Hunde auszuführen. In einem Hexenladen verkaufen sie nicht nur Voodoo-Puppen, sondern auch Besen als Fortbewegungsmittel. Harry Potter hätte in diesem Laden auch seinen Spaß.
Wir wissen, dass es irgendwann immer mal wieder regnen wird heute. Deshalb haben wir so einige Museen auf dem Zettel - den Rest müssen wir in Kneipen überbrücken. Schon von Treme aus steuern wir das New Orleans Museum of Jazz an. Es liegt am unteren Ende der wunderschönen Esplanade Ave mit ihren großen, schattenspendenden Bäume und der vom Tourismus noch nicht beeinflussten Architektur in der ehemaligen Münzpresse „The Old Mint“. Ein Raum des Museums widmet sich den historischen Pressverfahren - sehen wir uns an.
Das Museum führt immer wieder auch mal Livemusikveranstaltungen durch und dieses Wochenende ist es mal wieder so weit: von heute bis Sonntag tobt hier das „Denny Barker Festival“. Es spielen ganztägig Bands vor dem Museum und zusätzlich im Konzertsaal des Hauses. Das sind wohl ziemliche Größen, die sich hier die Hand reichen - uns Jazz-Banausen sagt das nichts. Alle, die wir hören, scheinen aber zu wissen, was sie tun - lecko fanno!!
Das Museum ist interessant und führt uns zu den Ursprüngen des Jazz zurück. Sehr, sehr coole Fotos und historische Instrumente sind zu sehen. Fats Domino und sein Piano spielen eine große Rolle und „Drummville“ bezieht sich zu einem großen Teil auch auf den Congo Square, den wir gestern schon besuchten. Louis Armstrongs erste Trompete ist natürlich ein Highlight.
Als wir hinauskommen aus dem Museum regnet es sich gerade mal wieder für eine gute halbe Stunde ein. Und wenn es regnet, dann schüttet es aus Kübeln. Kein Problem bei 25 Grad, Einkehrmöglichkeiten gibt es ja genügend. Wir flüchten uns in die Oyster Bar in der Bourbon Street. Wir müssen heute nicht mehr fahren und Gabi gönnt sich eine Sangria. Für mich ist eines dieser local draft beers immer eine Option. Austern roh kennen wir schon - nicht so 100% unser Fall. Also testen wir mal die gegrillte Art „cajun style“. Gewürze, Butter und Käse machen das Ganze zu einem durchaus schmackhaften Erlebnis.
Der Himmel hängt voller Wolken - lange wird es nicht dauern bis zum nächsten Wolkenbruch Gestern Abend auf dem unfreiwilligen Heimweg wegen steckengebliebener Streetcar hatten wir entdeckt, dass es zwischen Canal Street und Garden District eine Ausstellung über Claude Monet gibt - und Gabi findet, dass das auch mal etwas anderes sei. Ich reagiere mit unserem „running gag“ dieser Tage, sage nur „Wir machen Sachen …!“ und steuere unsere Schritte Richtung Ausstellung. Als wir dort ankommen, öffnen sich gerade wieder sie Himmelsschleusen.
So richtig anfangen kann ich weder mit Claude Monet (nun gut, ich weiß, dass er bunte Bilder gemalt hat mit so Farbtupfen) noch einer solchen Ausstellung etwas. Dazu ist der Eintritt nicht gerade ein Schnapper. Aber: „Was wir so alles machen …!“ Hat in den vergangenen Tagen oft zu überraschend schönen Erlebnissen geführt und so folge ich den Wünschen der kunstinteressierten Gattin, was sich als Glücksfall entpuppt.
Es geht ganz harmlos los: Farblehre, Farbmischungen, Komplementärfarben, Gemeinsamkeiten zwischen Malerei und Fotografie (das kenne ich natürlich und da werde ich schon hellhörig), sein Leben auf dem Zeitstrahl - in Beziehung gesetzt zu den sonstigen geschichtlichen Highlights seiner Zeit. Mit 15 Jahren hat er Cartoons gezeichnet, nicht sonderlich erfolgreich. Mit 29 versucht er sich das Leben zu nehmen. Anschließend kommt Schwung in seine Bekanntheit und Anerkennung. Er hat eine große Familie, seine Freu stirbt früh, er heiratet ein zweites Mal und überlebt auch seine zweite große Liebe. Reisen nach London und Italien (Venedig) beeinflussen seine Malerei noch spät sehr. Er stirbt1926 mit 86 Jahren.
Dann folgen Beispiele seiner Kunst im Laufe seines Lebens. Verdammt, die machen das sehr gut hier: logisch, dass eine Malerei lange von seinem schönen Anwesen, seiner Familie und der Natur in seiner Umgebung (Wasserlilien) beeinflusst wurde. Dann hat er sich mit technischen Dingen beschäftigt und versucht, auch bewegte Dinge, vor allem Eisenbahnen dynamisch darzustellen. London und Venedig lagen eher am Ende seines Lebens. Erscheint mir jetzt schon sehr schlüssig.
Nächster Raum: so etwas wie sein „Arbeitszimmer“ mit Beispielen seiner Kunst - kommt mir jetzt schon sehr bekannt vor. Wir sind allein hier und Gabi kann sich dort ungezwungen umschauen. Dann folgt ein Raum, in dem man durch seine Wasserlilienlandschaft gehen kann, sogar über die geschwungene Brücke. Irgendwie sind wir jetzt mittendrin in seiner Kunst. Der weiche Rasen, über den wir gehen, die Projektionen im „Teich“ und die Geräuschkulisse mit Vögeln und Kröten tun ihr Übriges.
Jetzt wird es heftig: ein Saal mit Liegestühlen, Sitzkissen zum rumflätzen, Bänken. Ich zähle im Laufe der nächsten 30 Minuten mindestens 29 Projektoren. Überall ist Farbe und Bewegung, dazu Musik und Geräusche. Ich tauche komplett ein in sein Leben und seine Malerei, die geschickt projeziert und aus natürlichen Szenen heraus „entwickelt“ wird. Faszinierend! Sie bilden hier per Videoinstallation sein Leben und seine Schaffenskraft nach - mit Farben und Effekten, die vor meinem Auge zu explodieren scheinen. Das hat sich unbedingt gelohnt.
Der Hammer kommt aber zum Schluss - frei nach Steve Jobs („one more thing“): Ob wir nicht eine dieser virtuellen Brillen aufsetzen und ganz Teil werden wollen von seiner Kunst? 5,00$ - ja klar! Wir nehmen Platz auf Drehhockern und bekommen jeder eine dieser topaktuellen AR-Brillen (sehen aus wie monströse Skibrillen) angepasst. Und ab geht die wilde Fahrt!! Ich fliege völlig dreidimensional durch die Gärten und Landschaften, die ich eben noch per Projektion gesehen habe. Wie lernt der Mensch? Durch Wiederholung! Ich weiß jetzt quasi immer schon vorher, was kommen wird: seine Familie, die wogenden Felder. Dann die Wasserlilien mit der Brücke, die Dampfloks, London … Da auch Geräusche und Musik projiziert werden und ich mich auf dem Drehstuhl komplett frei bewegen kann bin ich wirklich mittendrin. Nach links schauen oder drehen und nach hinten gucken? Kein Problem! Hammer!
Als ich nach 90 Minuten rauskomme aus der Ausstellung habe ich das Gefühl, verdammt viel gelernt zu haben und dem Menschen und Künstler Claude Monet sehr nahe gekommen zu sein. Kompliment für so eine didaktische Meisterleistung - das war es allemal Wert.
Wir laufen noch einmal quer durch das French Quarter - vielleicht sehen wir noch 30 Minuten Jazz am Museum? Fehlanzeige! Es beginnt wieder zu schütten - und wie! Wir retten uns in Molly’s Bar at the market. Hier trinken wir ein Getränk an der Bar. Zu Essen gibt es hier nichts. Aber: urige irische Kneipe mit viel Jameson im Regal.
Raus und weiter - da geht es wieder los. Direkt nebenan ist „Coop’s Place“. Sieht auch super aus und die Preise sind ok. Südstaatenküche - genau unser Ding im Moment. Ich nehme „Jambalaya Supreme“. Das entspricht in Etwa einer Paella, nur viel schärfer. Klasse! Huhn, Shrimps, Hase und scharfe Wurst sind neben Reis die Hauptbestandteile. Gabi hat es noch bunter: von allem Etwas: Gumbo, Creole Shrimp, Jambalaya, Fried Chicken und Beans & Rice. Alles sehr, sehr lecker, draußen vor der Tür geht die Welt unter. Der Mann neben mir bestellt einen „Redbreast 12“, große Portion - da gehe ich mit. Wir unterhalten uns eine Runde über irischen Whisky und Gabi hilft mir, meinen zu trinken.
Jetzt zurück zum Hotel. Wir wollen noch der Margret zum 60sten gratulieren und haben eine Skype-Aktion mit Hott und Birgit geplant. Im Best Western ordern wir noch eine Margarita und einen Marker’s Mark zum „anstoßen“, die Verbindung kommt aber leider nicht zustande.
So gehen wir aufs Zimmer und versorgen Bilder und Tagebuch. Es war ein toller Tag, trotz (oder gerade wegen) des Regens. Morgen geht es auf zu neuen Abenteuern! Wir sind gespannt, denn dann heißt es bestimmt wieder „Was wir so alles machen …!“ - gute Nacht!
Tagesetappe: - Kilometer
Übernachtung: Best Western Plus French Quarter Courtyard Hotel, 920 North Rampart Street, New Orleans, LA 70116
"The big easy!"

Gabi vor dem Louis Armstrong Park, New Orleans, Louisiana
Gestern sind wir tatsächlich durch 3 Staaten (Florida, Alabama, Mississippi) gefahren und Gabi hat such an den Stränden einen respektablen Sonnenbrand Sonnenbrand eingefangen - also doch „Sunshine State“. Auf der doch längeren Fahrt gestern bin ich von „der besten Ehefrau von allen“ (frei nach Ephraim Kishon) wieder mal bestens mit Nektarine, Birne, Chips etc. versorgt worden - alles mundgerecht zubereitet.
Unser Hotel hier ist edel und fein ausgestattet, wie es sich für so ein historisches Haus gehört. Auch Essen und Trinken an der Bar gestern Abend waren prima. WIFI und die Anzahl der Steckdosen sind allerdings unterirdisch. Da haben wir Mühe, unsere „Devices“ geladen zu bekommen.
Die Nacht war prima und wir sind zeitig auf den Beinen. Es gibt einen schnellen Kaffee auf dem Zimmer, dann wollen wir los, denn heute ist die Wetterprognose gut und New Orleans wartet darauf, von uns entdeckt zu werden. Das geht nur zu Fuß und vorher wollen wir versuchen, zumindest unser Auto im Hotel loszuwerden.
Der Weg über die Interstate 10 ist einfach und schnell. Unterwegs müssen wir nochmal tanken, was weiterhin extrem günstig ist. Heute habe ich gerade mal 2,899 $ für eine Gallone (3,8 Liter) Benzin bezahlt.
SeiteTagen sehen wir die verschiedensten toten Tiere am Wegesrand - Opfer der Highways und Interstates. Ganz oft liegen auch aufgeplatzte LKW-Reifen auf dem Seitenstreifen, was Gabi regelmäßig mit „schon wieder ein totes Krokodil“ kommentierte. Heute kurz vor New Orleans lag tatsächlich ein großes Alligator-Unfallopfer am Fahrbahnrand der I-10. Übel - wenn ich denke, mit 70 Meilen/Stunde so einen Koloss zu überfahren - puh!!
Im Stadtgebiet staut es sich auf der Interstate, sobald wir aber runter sind von der Bahn und das French Quarter ansteuern ist alle ganz entspannt. Das hatte ich in so einer Großstadt anders erwartet. Ich bitte Siri, Musik von Louis Armstrong zu spielen, schließlich erreichen wir gleich „seinen“ Park. Siri spielt „What a wonderful world“ - und ist das nicht super passend?
Es ist ja aber auch noch früh. Um 10:0 Uhr schon stehen wir an der Rezeption des Best Western, das Auto draußen mutig abgestellt in der „people loading zone“. Ich bin möglichst locker bei der Rezeptionistin - „viel zu früh, nur freundlich fragen, ob wir das Auto abstellen können, einchecken geht ja sicher noch nicht!“ Dabei ganz zufällig die „Best Western-Mitgliedskarte“ mit der ID (Führerschein) über die Theke schieben. Es ist nicht zu fassen. Mit aller Seelenruhe (so sind die hier in den Südstaaten) füllt sie dieses Formular, bittet mich um jene Unterschrift, gibt auf Nachfrage noch einige freundliche und nützliche Hinweise - und schon haben wir unser Zimmer. Um 10:00 Uhr morgens!! Für das Auto bekommen wir einen Türöffner - der Hyundai steht nun schön geschützt auf dem Hotelparkplatz - eingezäunt und sicher. Das Best Western hat eine tolle Anlage mit Innengarten - sehr stimmungsvoll. Unser Zimmer: perfekt!
Die Koffer kommen nur aufs Zimmer, wir wollen sofort los. Gesagt - getan!!
„Niemals wird man hier das Gefühl los, die Stadt feiere unentwegt eine einzige große Party! Selbst am Morgen danach, wenn der Müll des letzten Abends weggeschafft wird, scheint jeder nur darauf zu warten, die nächste vergnügliche Runde einzuleiten.“ - so habe ich es im Reiseführer gelesen und heute werden wir mal sehen, ob das so ist und ob es uns gefällt. Doch zunächst gebe ich mal eine historische Einführung:
New Orleans ist angeblich eine der faszinierendsten Städte der USA und wie wir jetzt schon bestätigen können mit Sicherheit die beeindruckendste Metropole der Südstaaten: alte französische Architektur, z.B. im „French Quarter“, zahlreiche Musikkneipen (Jazz, Cujun, Soul, Funky-Jazz ), das Flair der Südstaaten, die gute und abwechslungsreiche Küche, unbekannte Kulturen (Voodoo), die Gegensätze der Südstaatengesellschaft, aber auch zahlreiche Museen und Kunstdenkmäler zählen hier zu den Highlights.
Während des späten 17. Jahrhunderts waren die Engländer waren noch damit beschäftigt, die Ostküste der Neuen Welt zu erkunden und zu besiedeln. Da machte sich ein kleiner Trupp Franzosen von Kanada auf, den Mississippi herunter zu fahren, um seine Mündung zu finden. Am Delta angelangt und zufrieden mit dem Land, das sie gesehen hatten, erklärten die Entdecker 1682 das gesamte Einzugsgebiet des Mississippi zum Protektorat Frankreichs und benannten es zu Ehren ihres Sonnenkönigs Louis XIV „Louisiane“. 1699 zog es andere Franzosen an die Küste des Golfs von Mexiko. Zuerst wurden Biloxi und Ocean Springs - wo wir gestern und heute morgen noch waren - später Mobile und Natchez gegründet. Nach Natchez kommen wir in wenigen Tagen.
1717 wurde dann „La Nouvelle Orleans“ gegründet - dort, wo heute das „French Quarter“ ist und unsere Betten im Best Western stehen. Ihren Namen verdankt die Stadt dem Herzog Philippe von Orleans, der zu dieser Zeit als Regent für den noch minderjährigen König Louis XV. eingesetzt war.
Obwohl La Nouvelle Orleans zur Hauptstadt von Louisiane ernannt worden war verirrten sich nur wenige Siedler hierher. Größtes Problem war der Frauenmangel., was die französische Regierung 1727 dazu veranlasste, 88 junge Frauen aus den Pariser Gefängnissen zu entlassen (die meisten waren minderjährige Prostituierte und Diebinnen), um sie als „Bräute“ nach Louisiane zu schicken. Als Begleitung kamen 5 Nonnen des Ursuliner-Ordens mit auf das Schiff. Es wird behauptet, beide Seiten hätten etwas voneinander gelernt. Später wurden weitere „Bräute“ eher in den Waisenhäusern Frankreichs ausgesucht.
Mit Entdeckung des Kristallzuckers wurde in Louisiane der Anbau von Zuckerrohr forciert und New Orleans blühte als Handelsmetropole des Südens auf. 1803 verkaufte Napoleon Bonaparte die Stadt für 15 Mio. Dollar an die Amerikaner. Die Plantagenwirtschaft (v.a. Baumwolle, Zuckerrohr, Tabak und Reis) und vor allem der Einsatz der großen Schaufelraddampfer machte New Orleans zur internationalen Handelsmetropole.
Nach dem Bürgerkrieg erlitt die Stadt mit dem ganzen Süden eine schwere wirtschaftliche Krise, von der sich die Region erst 1880 wieder erholen konnte. Als 1901 das erste Öl gefunden wurde, begann eine neue Ära. Wenn auch ein schwerer Hurrikan 1915 große Teile der Stadt zerstörte, eine Grippeepidemie 1918 35.000 Menschen das Leben kostete und es 1927 zu einer Flutkatastrophe kam - die Entwicklung zu einer modernen Handelsstadt war nicht mehr aufzuhalten.
Die Stadt lebt auch heute noch sehr riskant: Etwa die Hälfte der bebauten Fläche liegt unterhalb des Meeresspiegels und auch die andere Hälfte ragt selten mehr als 3 Meter über N.N. hinaus. Das Risiko sind Überflutungen und nicht selten „schwimmen“ ganze Stadtteile nach heftigen Regenfällen. 2005 führte der Hurrikan „Katrina“ zu einer Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes. Binnen 2 Tagen waren 80% der Stadtfläche unter Wasser; die ganze Stadt musste evakuiert werden. 1.000 Menschen starben in New Orleans und entlang der Golfküste; Hunderttausende mussten flüchten und verloren Hab und Gut. Der Schaden wurde auf 200 Milliarden Dollar geschätzt.
Nun, am späten Abend eines so erlebnisreichen Tages fällt es mir sehr schwer, diesen unfassbar tollen Tag in wenige Worte zu fassen. Dennoch möchte ich gern ausführlich beschreiben, was wir gemacht haben. Geht nicht! Daher: die nachfolgende Aufzählung der Aktivitäten heute ist mit extremen Emotionen verbunden, die nicht annähernd in Worte zu fassen sind.
Diese Stadt ist DER HAMMER! Wir haben und nach 2 Stunden vollständig „zu Hause“ gefühlt. Nicht missverstehen: leben möchte ich hier auf gar keinen Fall. Für so eine Millionengroßstadt ist New Orleans aber mächtig entspannt - ganz das angekündigte „Big Easy“! Es gibt natürlich auch „Rummelsmeilen“ - allen voran die Bourbon Street bei Nacht. Aber auch die Canal Street erinnert etwas an das ausgeflippte Las Vegas. ALLES andere: super entspannt, ganz relaxed, unfassbar schön. Der Reihe nach:
Wir starten getreu dem Motto „treiben lassen“ mit einem Bummel durch das so schöne French Quarter. Aber zu aller erst: Der Louis Armstrong Park mit den Skulpturen der Jazz-Größen und natürlich dem Congo Square. Den Louis Armstrong Park prägt die Dauerausstellung im Jazz National Historic Park (Geschichte des Jazz und deren Musiker, Louis Armstrong lebte von 1900 bis 1971). Am Congo Square durften sich im 17. und 18. Jahrhundert die Sklaven jeden Sonntag treffen, Musik machen und sogar den Voodoo-Kult ausleben - die sehr lauten Jam-Sessions gelten als Wiege der Blues- und Jazz-Kultur. Am Nordende des Parks sehen und fotografieren wir das Mahila Jackson Theater.
Nicht weit entfernt an der Basin St., zwischen Conti St. & St. Louis St. befindet sich der angeblich sehr sehenswerte St. Louis Cemetery No. 1. Rasch sind wir bis hierher gelangt. Aber: Zutritt nur im Rahmen einer geführten Tour. Finden wir doof - warum sich einer geführten Tour anschließen, um einen Friedhof zu besuchen? Nö!!
Satt dessen stürzen wir uns ins French Quarter: Schaut auf die Bilder - ich habe heute mehrfach die Dixieband aus James Bond 007 „Live and let die“ um die Ecke kommen sehen. Diese alten Häuser mit den Balkonen und dem ganzen schmiedeeisernen Zeugs sind zu schön. Und Live Musik der Sorte „Brass-Band volle Pulle“ gibt es reichlich hier. Toller vibe! Gabi danced zwischendurch über die Straße, es geht uns gut!
Wir erreichen den Jackson Square - auch hier: Brass-Band! Es handelt sich hier um einen ehemaliger Paradeplatz, an dem sich die Regierungsgebäude der ehemaligen Kolonialmächte befanden und der 1721 angelegt wurde. Hier herrscht eine pulsierende, lebendige Atmosphäre: Straßenkünstler, Musiker, Kutschen, Cafes, Maler/innen - toll! Rechts und links vom Platz befinden sich die Pontalba Buildings mit einladenden Arkaden - auch sehr schön.
Den Platz beherrscht aber gegenüber die St. Louis Cathedral als älteste Kathedrale der USA (1849-1851). Wunderbar und ein tolles Fotomotiv!
Wir drehen noch eine Runde durch das French Quarter, weil es so schön ist. Balkone, Blumen, Stilleben. So kommen wir auch zum French Market mit seinen Imbissbuden, Straßencafes (berühmt ist das Cafe du Monde), Restaurants, Markthallen mit Früchten, Gemüse und Cajun-Spezialitäten. Musik ist überall. Zu Essen gibt es reichlich, sogar Alligator (als Burger, am „Stock“ oder auch als Häppchen). Und sogar Köpfe der armen Tiere werden feilgeboten. Der Oberhammer: Rückenkratzer mit Alligatorkrallen „am Stock“. Puh!! Aber auch Voodoo-Puppen in allen Farben und Formen sind zu haben. Ich überlege noch, ob ich nicht eine mitbringen soll. Macht sich bestimmt gut auf dem Schreibtisch bei schwierigen Mitarbeitergesprächen …
Wir laufen die Chartres Street, Royal Street und Bourbon Street ab. In den Fluchten dieser Straßen sind die schmiedeeisernen Balkone am schönsten. Auch wandern wir den „The Moonwalk Riverfront Park“ entlang. Hunger: wir kehren ein und gönnen und in der Creole Cookery New Orleans creolisches Essen: Shrimp Creole (wahnsinnig tomatig-fruchtig) und Pasta Creole (ebenfalls sehr schmackhaft). Von der Schärfe her ist es gerade so an der Grenze - perfekt!
Extrem gesättigt schlendern wir zurück zur Waterfront, dem Mississippi. Hier liegt die MS Natchez, ein echter Schaufelraddampfer. Eine Fahrt hatten wir als Option vorgesehen. Und die Natchez startet in 30 Minuten. Passt. Wir buchen uns ein und schippern 2 Stunden über den Mississippi. Sehr entspannt, vor allem mit einem Bier und Cocktail. Dabei erfahren wir weiteres über die Stadt, den Fluss und die Geschichte der Schaufelraddampfer. Sogar den Maschinenraum dürfen wir besuchen - sehr interessant!
So langsam kommt ein müder Punkt. Morgen soll das Wetter aber deutlich schlechter sein, viel Regen ist angesagt. Also machen wir uns wieder auf den Weg. Es ist 16:45 Uhr. Quer durchs French Quarter erreichen wir die Canal Street. Hier ist es furchtbar rummelig. Aber: hier startet die St. Charles Streetcar Richtung Garden District. Den wollen wir unbedingt bei gutem Wetter sehen.
Beim Einstieg in die Street Car (historische Straßenbahn) kaufe ich für insgesamt 6,00 $ zwei Jazzy-Tagestickets. Wir fahren mit der St. Charles Street Car und sind die einzigen „Fremden“ hier. Eine sehr bunte Mischung Menschen sitzt in diesem Wagon. Mittels der zu Hause schon runtergeladenen App weiß ich, wann wir aussteigen wollen.
Der Garden District ist der schönste Wohnbezirk von New Orleans. Es gibt große und kleine Villen im viktorianischen, hölzernen New-Orleans- oder Greek-Revival-Stil - und das nicht nur vereinzelt. Es ist nicht zu glauben: eine Villa ist schöner als die andere. Ich mache einige Fotos - aber wirklich: ich hätte jedes Haus hier ablichten können - eines schöner als das andere. Und die Bäume stehlen sowieso jedem Bauwerk die Show.
Der Lafayette Cemetery No. 1, einer der prachtvollsten Friedhöfe der Stadt, ist leider schon seit 15:00 Uhr geschlossen. Ich mache wenige Bilder durch die Eingangsgitter.
Nach einiger Zeit haben wir Durst und steuern den „The Avenue Pub“ an. Über 40 Biere gibt es hier vom Fass, aber auch einen schönen Cocktail für Gabi. Dann nehmen wir die Streetcar zurück Richtung French Quarter. Nach der halben Fahrt teilt uns der Fahrzeugführer mit, dass es einen Unfall auf der Strecke vor uns gebe. Genre können wir warten, oder die 6 Blocks zu Fuß gehen. Und so schlendern wir zwei dann Hand in Hand durch die dunklen Gassen der Großstadt - ganz cool. Ist wirklich alles „easy“ hier.
Die Musikszene und Lokale in der Bourbon Street setzen dann allem die Krone auf. Unfassbar laut, geschäftig, schrill, bunt, bewegt, musikalisch, ausgeflippt - anstrengend. Aber nur eine Abbiegung nehmen, Seitenstraße aufsuchen: absolute Ruhe. Auch das: erstaunlich!
Wir steuern mit Volldampf das Best Western an. Auf dem Zimmer mache ich mich über die Fotos her. Das dauert heute. Und auch dieser Bericht hat deine Zeit in Anspruch genommen. Gabi schläft lange schon. Ich bin jetzt auch durch, es ist 23:45 Uhr. Morgen soll es regnen. Dann können wir z.B. mal in die Museen schauen. Jazz und Voodoo wären angesagt - mal sehen! Gute Nacht!!
Tagesetappe: 146 Kilometer
Übernachtung: Best Western Plus French Quarter Courtyard Hotel, 920 North Rampart Street, New Orleans, LA 70116
Life is better in Flip Flops

Gabi im Gulf SP, Gulf Shore, Orange Beach, Alabama
Gestern Abend haben wir noch ferngesehen. Es gab eine Art Heimwerkerserie, in der Paare auf Hawaii völlig heruntergerockte und abrissfähige Immobilen für eine Dreiviertel Million Dollar erwerben, sie dann renovieren und anschließend selbst beziehen oder für 1,5 Millionen Dollar weiter verkaufen. Typisches „Arme-Leute-Fernsehen“ eben. Aber gut zu verfolgen und die Ergebnisse konnten sich wirklich sehen lassen. In der ersten Folge kaufte das Paar einer der fünf Töchtern während der Renovierungsphase noch eben ein Pferd, was zusätzlich den Bau eines angemessenen Stalls (30.000 $ - von der Ausstattung kann der arme Tony aus der Tiki-Bar wahrscheinlich nur träumen) erforderlich machte.
Heute frühstücken wir kurz im Hotel und sind dann früh auf der Bahn - die Zeitumstellung macht’s möglich. Wir haben länger diskutiert, welche Route wir heute nehmen wollen. Beide haben ihren Reiz - die zügigere führt über die Interstate 10, die deutlich langsamere immer am Meer entlang. Letztere erfordert aber eine Fährfahrt und wir wissen nicht, ob wir einen Platz bekommen. Ich hatte beide Varianten zu Hause ausbaldowert und wir sind uns einig: bei dem Kaiserwetter müssen wir an der Küste bleiben.
Nach Abfahrt vom Hotel fahren wir also nicht Richtung I-10, sonder bleiben an der See auf dem US-Hwy.-#98.
Über Pensacola Beach erreichen wir Orange Beach, einen modernen Badeort, der gleichzeitig die Grenze zwischen Florida und Alabama markiert. Gabi entdeckt das Staatenschild und zwingt mich zur Vollbremsung. „Sweet Home Alabama“ lässt grüßen. Hier könnten wir auch einen der bunten Jetski leihen und herumtoben - das ist aber nichts für uns. Da strolchen wir lieber rum und fotografieren z.B. interessante Zusammenstellungen von Autokennzeichen, hier „Licence-Plate“ genannt.
Etwas weiter - zwischen Orange Beach und Gulf Shores - liegt der Gulf State Park. Hier legen wir einen längeren Stop ein. Neben Naturwanderwegen gibt es hier einen der längsten Piere des Landes (470 m) und natürlich tollen, weißen Sandstrand vom Feinsten. Ist das schön hier. Wir laufen ein ganzes Stück die Küste entlang, beobachten die Angler, die Vögel oder die mutigen Jugendlichen, die sich schon weiter is sehr kühle Nass wagen. Herrlich - das ist Urlaubsfeeling pur.
Der Verkehr wird immer weniger, denn wir sind auf Pleasure Island angekommen. Unsere Fahrt führt durch Dünenlandschaften und Kiefernwälder. Auf beiden Seiten der Straße ist Wasser. Das ist typisch für diese Barriere-Inseln, die immer wieder hier vor der Küste liegen. Am Ende von Pleasure Island liegt die Fort Morgan State Historic Site. Das Fort Morgan, nach dem der Ort hier benannte ist spielte während des Bürgerkrieges eine große Rolle.
Wir wenden uns aber der Fähre zu und freuen uns, dass wir einen Platz bekommen - sie kann nämlich nur 28 Fahrzeuge aufnehmen. Das Ticket in der Tasche gehen wir noch rüber zum McMillan Fort Morgan Fishing Pier. Hier läßt sich ein schöner Pelikan freudig ablichten und wir können Vögeln und Anglern beim Fischen zusehen. Da sind die Tiere im Vorteil. Die segeln übers Wasser und stürzen sich kopfüber rein, wenn sie einen Fisch gesichtet haben. Meist sind sie erfolgreich.
Die Fähre ist mir 17 Autos nicht ausverkauft und fährt in 45 Minuten rüber nach Daupine Island. Der Reiseführer versprach für die Fährfahrt „kontrastreiche Fotomotive mit Bohrinseln und Fischerbooten“ - Botschaft verstanden, Foto gefertigt. Bohrinseln liegen hier übrigens viele vor Anker, mächtige Teile, die ich so nah auch noch nicht gesehen habe. Wir genießen die Überfahrt, lassen uns den Wind um die Nase wehen und die Gedanken schweifen.
Auf Daupine Island begrüßt uns Fort Gaines. Aber auch hier sind die typischen, kräftig bunten oder aber pastellfarbenen Villen und Häuschen eher nach unserem Geschmack. Hier leben auch nicht die ganz Armen.
Ein weiterer Vorteil unserer gewählten Route heute (neben der schöneren Fahrtstrecke): auf der Weiterfahrt ab Dauphine Island zur I-10 liegt Bellingraths Gardens direkt auf dem Weg. So fällt es uns leicht, auch hier noch einen Stop einzulegen. „Bellingrath Gardens and Home“ ist der 65 Hektar große öffentliche Garten und das historische Zuhause von Walter und Bessie Bellingrath am Fowl River in der Nähe von Mobile, Alabama. Walter Bellingrath war einer der ersten Coca-Cola-Abfüller im Südosten und baute mit seinem Reichtum den Garten und das Haus des Anwesens.
Wir sind fast alleine in dem riesigen Areal und genießen wieder einmal die Stille, die Natur, die tollen Aussichten, aber auch kleine Weggefährten wie den winzigen Gecko, der sich sehr fotogen zeigt.
Auf der Interstate 10 fangen wir uns dann einen fetten Steinschlag auf unserer Windschutzscheibe ein, als uns einer dieser großen Trucks überholt. Hoffen wir mal, dass die Scheibe hält, unseren roten Flitzer wollen wir nicht abgeben.
Kurz vor unserem heutigen Ziel legen wir dann sogar noch einen weiteren Kurzstop in Ocean Springs ein, das mit einer schnuckeligen Downtown aufwarten kann.
Gegen 17:00 Uhr erreichen wir unsere heutige Unterkunft, das „White House Hotel“ in Biloxi, ein historisches Gebäude von 1895. Sehr, sehr imposant und auch ein wenig nobler als die einfachen Motels der letzten Tage. Wir gehen im besten Abendlicht noch an den Strand (wir haben Meerblick) und genießen diesen außergewöhnlichen Tag.
Der hat jetzt an der Bar des White House seinen Höhepunkt gefunden. Getränke und Doppel-Burger sind hervorragend. Mein Mac hat noch 1% Akku und ich mache die Klappe jetzt zu - notgedrungen. Morgen: New Orleans - wir kommen!!
Tagesetappe: 272 Kilometer
Übernachtung: White House Hotel, 1230 Beach Boulevard, Biloxi, MS 39530
„Happy birthday to me!“

Gabi in der Apalachicola Chocolate and Coffee Company, Apalachicola, Florida
Mit Ansage: es gießt in Strömen, als wir aufwachen. War ja klar. Der „Sunshine State“ Florida hat heute Pause. Kein Problem - für heute steht eine Überbrückungsfahrt Richtung New Orleans an, nichts Aufregendes auf dem Programm, „nur“ weiße Strände, die heute komplett verregnet sind und für uns daher ausfallen. Wir telefonieren mit Vater und Birgit - zu Hause alles ok; sehr gut so! Die Koffer kriegen wir kaum ins Auto, ohne bis auf die Haut nass zu werden. Kalt ist es nicht, daher greifen wir zu kurzer Hose und Flip Flops - so können weniger Klamotten nass werden.
Es ist nur eine halbe Stunde bis Apalachicola, (auf Deutsch: „Die freundlichen Leute von der anderen Seite“). Dort wollen wir frühstücken, wir haben ja viel Zeit heute. Auf den ersten Blick handelt es sich hier um ein verschlafenes Provinznest, in dessen Hafengebiet sich ein paar Fischer gelangweilt herumdrücken. Apalachicola ist aber die „Hauptstadt der Austernfischer“. 90% der Austernernte Floridas und 10% der Austern in den USA stammen von hier; es gibt 50 qkm bestens kultivierter Austernbänke mit einem jährlichen Ertrag von 1.000 Tonnen. Respekt! Wir halten in der Market Street - weit gehen können wir nicht bei dem Sauwetter. Vorher über Google Maps ausgekundschaftet: hier sind die meisten Läden.
So landen wir sehr schnell in der „Apalachicola Chocolate and Coffee Company“. Hier rösten sie den Kaffee selbst und frisch. Schokoladen-, Eis-, Fudgespezialitäten werden ebenso frisch zubereitet wie gebackenes: Kuchen, Croissants und Teilchen aller Art. Sensationell kalorienreich!! Aber auch urgemütlich. Wir bestellen zwei Kaffee Latte - wie sollen die denn geschmacklich aufgepeppt werden („ihr wollt die ja bestimmt nicht einfach so?“)? Ich nehme „Pfefferminz“ (erstaunlich frischer Kick!) und Gabi entscheidet sich für „salted Caramel“ - auch sehr lecker! Ich gönne mir eines dieser köstlichen Croissants mit Ei, Schinken und Cheddar, Gabi nascht einen „Apple-Cinamon-Scone“. Wie gesagt: macht satt! Das Ambiente ist aber auch zu schön. Da ich weiß, dass Fotos draussen heute nicht stattfinden werden gebe ich mir Mühe die Atmosphäre hier etwas einzufangen.
Wir fahren weiter, immer an der Küste entlang. Links von uns liegt immer die Golfküste, es ist aber alles sehr grau heute. Der Regen wird stärker bis er nicht mehr stärker werden kann. Unglaublich! Scheibenwischer auf volle Pulle, Geschwindigkeit runter, es blitzt und der Regen prasselt nur so danieder. So was habe ich selten, wenn überhaupt schon mal, so erlebt. Welche Wassermassen kommen da runter. Wenn ich mir jetzt noch einen Hurrikan dazu vorstelle, dann ist das bestes Florida-Katastrophenwetter.
Wir lassen uns aber nicht einschüchtern. Gabi packt auf der weiteren Fahrt Vitamine aus, bereitet Nektarinen und Orange in mundgerechte Stückchen vor und passt auf, dass es dem Fahrer an nichts mangelt. Dazu gute Musik - geht doch!
In Denstin wird der Regen endlich weniger, wir suchen einen Walmart auf, um die Chips- und Wasservorräte (40 Pullen a 0,5 Liter) aufzufrischen und auch noch etwas Obst für morgen zu kaufen. Dabei schauen wir auch nach den „Grits“, die hier zur Nationalspeise gehören und in zigfacher Ausführung zu bekommen sind. Es handelt sich tatsächlich um eine Art „weißes Polenta“. Ich frage einfach eine ältere Dame nach den Rezepten und sie freut sich, mit mir ins Gespräch zu kommen. Die Preise hier sind echt ok insgesamt. Ich schaue mal kurz, ob ich auch bei uns Grits über Amazon gibt. Ja - genau die gleichen Dosen, nur mit 20,00 € 10 mal so teuer wie hier, die 6,00 € Versandkosten nicht mitgerechnet. Ich finde diese Supermärkte hier echt sehenswert mit ihrer wahnsinnig vielfältigen Auswahl. Besonders mag ich Beef und Seafood - sieht super aus. Als ein Beispiel für die Größenordnung habe ich mal die Colaabteilung fotografiert.
Wir sind etwas zu früh in Fort Walton Beach. Hinzu kommt die neuerliche Zeitverschiebung. Wir sind jetzt eine Zeitzone „weiter westlich“ und damit bis auf Weiteres - 7 Stunden gegenüber Deutschland zurück. Unser Zimmer ist aber schon fertig. Super!
Wieder schaue ich im Netz nach, wohin wir bei drohendem weiteren Regen denn gehen könnten. Ich finde ein sehr gut bewertetes Seafood-Restaurant. Eigentlich ist es noch zu früh dafür, aber wir gehen schon mal los. Genau richtig - auf dem Weg dorthin stolpern wir nämlich über eine „Tiki-Bar“, das sind Freilufttheken im polynesischen Stil mit Palmenblätterdach. Die Sorte kennen wir aus unserem Floridaaufenthalt 2016. Hier sitzen lauter „locals“ und lassen sich die alkoholischen Getränke schmecken. Ich ordere ein gezapftes Bier für mich (Heiner wird sich auf links drehen: Plastikbecher und null Krone) und eine Margarita für Gabi. Zwischendurch quatsche ich mit 2 Kerlen an der Theke. Sehr freundlich - irgendwie scheinen das hier alles Veteranen zu sein; die Bar hat ja auch ein „GI“ im Namen: „GI Jade Tiki Bar & Bistro“. Ich schieße noch ein paar Schnappschüsse und dann kommt Tony an unseren Tisch.
Tony ist Jahrgang 1967 (er zeigt mir seinen Ausweis zum Beweis dafür, dass er heute Geburtstag hat). Er ist unverkennbar Fetenvollster hier, drahtig schlank und super freundlich zu uns. Das hier ist sein „best place to be“ und er betrinkt heute seinen Geburtstag. Wir singen im ein „happy birthday“, was er super findet und worauf er uns mehrfach abklatscht. 14 Jahre hat er für eine deutsche Firma gearbeitet, die Pumpen herstellt. 2009 war er sogar mal in Nürnberg. Das erzählt er uns mindestens drei mal. Jetzt ist er „Rentner“ - es reicht aber vorne und hinten nicht. Sein Zahnbefund ist erschreckend (was die verbleibenden paar Zähne betrifft) und wird nur übertroffen von dem bedrohlich wirkenden, walnussgroßen Geschwür am rechten Unterkiefer. Wie sagte Gabi gerade eben? „Das ist eine wirklich arme Socke!“ Aber total lieb! Er mag es, wie Gabi lacht und fragt, ob er ein Foto von ihr machen darf.? Klar! Und auch eins von uns beiden? Logo! Er versucht seinen Bruder anzurufen, den er nicht erreicht. Aber seine Schwägerin geht ran und schimpft lautstark vor sich hin. Er nimmt es gelassen, kontert mit einem „Happy birthday to me!“ Und erzählt uns nochmal, dass er 2009 in Nürnberg war. Eigentlich eine schwierige Situation - hier aber völlig authentisch und ich bin sicher, er wird heute noch einigen Leuten von seinen neuen „German Best Friends“ berichten.
Wir wechseln jetzt aber ins „The Shack Seafood Restaurant“. Dort kann man lustige Drinks bestellen und darf den Becher samt Piratenkopf oder Turtle anschließend behalten. Wir ordern „Black Widdow Cider“ und ein Bier namens „Blonde Bomber“ - das einzige, was hier aus Fort Walton Beach kommt. Für die Aufmachung der Dose kann ich echt nix - der Name passt jedenfalls. Zu Essen bestellen wir Südstaatenküche: Crabcakes (Krebsfleischfrikadellen) mit Hushpuppies (frittierte Krokettenbällchen aus Maismehl) für Gabi, Mahi Mahi (Goldmakrele), Shrimps und Süßkarttoffelpommes für mich. Sehr, sehr lecker!
Zurück auf dem Zimmer ist es immer noch sehr früh. Jetzt ist alles fertig (Fotos, Tagebuch, Website) und es ist mal gerade 19:30 Uhr neuer Zeitrechnung. Ist doch prima! Wir trinken noch ein kleines Glas Wein und schauen, was es noch im TV gibt. Prost Tony - auf deinen Geburtstag - „you’re a good guy!“
Tagesetappe: 233 Kilometer
Übernachtung: La Quinta by Wyndham Fort Walton Beach, 3 South-West Miracle Strip Parkway, Fort Walton Beach, FL 32548
A lot of water

Jürgen am Beach von Alligator Point, Florida
Das „Americas Best Value Lake City“ ist nun wirklich nicht die allerbeste Empfehlung - es tat aber seinen Zweck. Und ich werde es allein deshalb nie vergessen, weil ich um Mitternacht im Schlafanzug draussen vor der Tür auf dem Parkplatz (um Gabi nicht zu stören) ein sehr wichtiges dienstliches Telefonat führen musste. Angezeigt war eine kollegiale Beratung anlässlich des schrecklichen Brandes in einem Seniorenheim in Bedburg-Hau. Anschließend fällt das Einschlafen naturgemäß nicht leicht. Meine Gedanken sind bei den betroffenen Familien, den Pflegekräften (die sicherlich Schlimmes durchgemacht haben) und natürlich bei den Einsatzkräften von Rettungsdienst, Feuerwehr, Kreisleitstelle und Polizei sowie meinen Kolleginnen und Kollegen der Kreisverwaltung, die sich jetzt gerade den damit verbundenen Herausforderungen stellen.
Wir sind in Florida und die Sonne scheint (noch). Vor uns liegt ein Tag mit einem sehr abwechslungsreichen Programm. Dabei spielt jede Menge Wasser eine Hauptrolle. Frühstück kann man den Kaffee und die Muffins mit ergänzendem Obst nicht wirklich nennen, was im Motel angeboten wird. Aber ich habe ja einiges zuzusetzen, wie die Fotos zeigen - Mann o Mann, so schlecht „in Shape“ war ich lange nicht mehr. Die wochenlange Erkältung ohne Sport hat seine Spuren hinterlassen. Aber versprochen: nach unserer Rückkehr werde ich das Peloton-Bike sehr intensiv nutzen - meine Community von „Spin to Slim“ und „RockGoesPeloton“ wartet nur darauf, mich wieder herauszufordern.
Nach wenigen Meilen erreichen wir den Suwannee River State Park. Eintritt 5,00 $ - das passt! Tickets gibt es nicht, nur eine Art „Opferstock“, in die ich den Schein zwänge - nicht ohne zuvor darauf unser Kennzeichen und das Datum notiert zu haben (falls mal jemand fragt). Hier ist niemand anzutreffen, nur die Vögel zwitschern. Das ist eine sagenhafte Atmosphäre, die wir sehr genießen. Wir gehen den „Suwannee River Trail“ und den „Lime Sink Run Trail“, beobachten die großen Raubvögel, die hier kreisen und auch „Woody Woodpecker“, der seinen Schnabel gegen die Baumrinde hämmert. Zu weit weg zum fotografieren - aber ein tolles Erlebnis. Wie gestern schon hängen auch hier einige Angelhaken mit „Schwimmer“ in den Bäumen - Angler aufgepasst!
Das ist hier ein wunderbares Gebiet zum Erholen abseits der Trampelpfade des Massentourismus. Der Suwannee River ist übrigens ein vielbesungener Fluss; er entspringt in den Okefenokee Swamps in Georgia, die wir gestern besucht haben; er schlängelt sich durch wilde Zypressenwälder. Das war ein super Stop!!
Mit zwischenzeitlichem Tankstop und einem „Crispy Chicken Sandwich“ für den kleinen Hunger zwischendurch erreichen wir gegen 12:45 Uhr den „Edward Ball Wakulla Springs State Park“. Die Quellen gehören zu den größten Süßwasserquellen der Welt (!). Deren Austritt liegt 55 m unter der Wasseroberfläche; hier sprudeln pro Minute (!!) 2,5 Million Liter Wasser (!!) aus einem Erosionstrichter und bilden eine seeähnliche Wasserfläche, die nun vor uns liegt. Unfassbar!
An den Ufern stehen mit spanish moss behangene Baumriesen. Die dazugehörige Lodge kann sich sehen lassen. Eine Bootstour wäre nur um 15:00 Uhr möglich, was uns zu spät ist. Satt dessen nehmen wir lieber zwei Trails in Angriff, die uns durch den Urwald führen: der Hammock Spur Trail und ein kleines Stück des insgesamt 6 Meilen langen Sally Ward Trails geben uns nochmals Ruhe, das Gefühl, komplett alleine auf der Welt zu sein und eins mit der Natur zu werden. Schön zu wissen, dass Johnny Weißmüller hier seine Tarzan-Filme gedreht hat - das macht die Wanderung noch mystischer - ein weiterer Movie-Spot.
Es ist Nachmittag geworden und wir steuern nun unser Motel in Carravelle an. Einen kleinen Umweg gönnen wir uns noch, denn unsere Ankunft an der Küste des sog. „Panhandle“ (Pfannenstiel) von Florida muss gebührend begangen werden. Bislang haben wir unser Planung fast immer 1:1 umsetzen können - so auch heute. Wir fahren noch ein paar Meilen zur Ortschaft „Alligator Point“. Hier finden wir typische Florida-Strandhäuser in den gewohnten Pastellfarben. Sehr nobel liegen sie aufgereiht am weißen Sandstrand. Die Häuser in zweiter Reihe dürfen auch mal extravagant daher kommen.
Nun weiß ich auch, warum die Leute hier so große Autos benötigen. Es ist schon beeindruckend, wie vollständig ausgerüstet man hier den Tag am Strand verbringt. Vom Zelt über den Windschutz, halber Küche und Drohne inklusive Landeplatz ist alles dabei. Über allem schwebt aber der Flair von Nichtstun und „relaxed“ sein - und das bei blauem Himmel - herrlich!!
Am Motel in Carrabelle schaue ich mal kurz auf den Wetterbericht für morgen - gar nicht gut! Regen und Gewitter entlang der gesamten Küste. Das wird schwierig, aber übermorgen ist schon wieder alles gut.
So nutzen wir die sonnige Zeit, die uns heute noch bleibt. Warm genug ist es mit schwülen 25 Grad ohnehin und die kurzen Hosen bleiben in den nächsten Tagen Programm. Ab mit dem Auto die 1,3 Meilen zurück in den „Ortskern“. In Harry’s Bar trinken wir Bier vom Fass und Cider in einer Art Biergarten. Hinten in der Ecke schrummeln eine Dame und ein Herr (ebenfalls Gäste) auf zwei Gitarren. Am Nebentisch, gut 4 Meter entfernt, sitzen zwei amerikanisch-kanadische Paare, die sich mit uns lautstark unterhalten. Im Hintergrund dudelt noch (zugegeben schöne) Musik. Dazu piksen uns winzigkleine Mosquitos, die kaum zu sehen sind, aber richtig gut beißen können. Klasse, so mögen wir das!
Letzter Stop des Tages: „Morning Bite Restaurant“. Hier an der Küste dürfen es auch mal Meeresfrüchte sein. Ich entscheide mich für „Shrimps Grids“, ein typisches Südstaatengericht mit Schrimps und einer Art Polenta, die sehr „spicy“ gewürzt ist. Schmeckt mir richtig gut. Gabi hat Chicken (die könnten ja theoretisch auch schwimmen) mit Nudeln.
Wir haben eine Menge Wasser gesehen heute. Ich kann die Menge, die diese Quelle bei Wakulla Springs erzeugt, immer noch nicht fassen. Ich hatte das aber zu Hause schon recherchiert und es wurde heute bestätigt. Darauf jetzt noch einen Becher Wein - das beste „Wasser“ ever und dann folgt eine hoffentlich gute Nacht. See you!!
Tagesetappe: 298 Kilometer
Übernachtung: Franklin Inn, 1589 Highway 98 West, Carrabelle, FL 32322
Gator Day

Gabi am Eingangsschild zu den Okefenokee Swamps, Georgia
Das Best Western Motel auf der schönen Insel St. Simons liegt in einer Art „Wohngebiet“ - oder soll ich es besser „Reservat“ nennen? Es liegt jedenfalls sehr schön und vor allem ruhig, was uns auch eine gute Nacht beschert. Das Frühstück ist gut (amerikanisch) inklusive Wahlkampf im TV.
Wir haben heute nur ein Ziel: die „Okefenokee Swamps“, die sich ca. 90 Fahrminuten südwestlich von uns befinden. Das riesige Sumpfgebiet hat zwei Zugänge: einen westlichen und einen östlichen. Da wir von der Küste kommen ist klar, dass wir in jedem Fall das westliche Gebiet rund um die Suwannee River Recreational Area besuchen. Wieder geht es über die riesige Brücke bei Jekyll Island und dann den gesamten Tag (und damit rd. 300 Kilometer) immer geradeaus. Bremsen ist fast überflüssig - manchmal abbiegen, dann wieder meilenweit laufen lassen. Das erzeugt geringe Drehzahlen und somit einen erfreulich günstigen Spritverbrauch. Ich schaffe es heute auf bisher unerreichte 39,9 Meilen/Gallone (wer Zeit und Lust hat könnte das mal umrechnen in Liter auf 100 km - dafür habe ich leider keine Zeit). Das ist aber sehr günstig!
Der Tagespass für das gesamte Gebiet kostet 5,00 $/Auto. Auch das ist ein Schnapper. Apropos: Alligatoren werden heute die Hauptrolle spielen, denn wie Ingrid uns schon zu Recht mitgeteilt hat: hier leben viele Cousins und Cousinen von den lieben Alis und Gators aus dem Caw Caw Interpretive Center, das wir am vergangenen Donnerstag besuchten.
Im Visitor Center lernen wir Mason kennen, einen jungen Mann, der heute unser Tourguide sein wird. Um 12:00 Uhr startet nämlich eine 90-minütige Bootstour, die er leitet und an der wir teilnehmen wollen. Da wir noch eine gute Dreiviertel Stunde Zeit haben, nehmen wir zum Aufwärmen schon mal den „Cane Pole Trail“ unter die Füße. Gemütlich spazieren wir am Kanal entlang - es ist schließlich Sonntagmorgen. Und dabei entdecken wir auch schon die ersten beiden Alligatoren, allerdings noch etwas weiter weg. Der erste von den beiden liegt fotogen in einer Art „Durchgang“.
Es ist 12:00 Uhr und pünktlich startet unser Boot, das außer uns noch 2 amerikanische Paare nutzen. Klasse, zu sechst sind wir eine kleine Gruppe und haben viel Platz an Bord. Mason erklärt sehr viel und ist stets darauf bedacht, uns die Schönheit der Landschaft, aber natürlich auch die Alligatoren, Schildkröten, Vögel etc. nahe zu bringen. Dabei achtet er peinlich genau darauf, diese nicht zu stören. Klappt: Motor immer wieder mal ausmachen, treiben lassen, nicht zu nahe heran die die Tiere. Finde ich gut, denn wir kommen denen trotzdem sehr nahe. Klasse Tour!
Das Wort „Okefenokee“ stammt aus der Sprache der Hitchiti-Mikasuki-Ureinwohner und bedeutet so viel wie „bebende Erde“ (weil auf dem schwarzen Wasser alles bei der kleinsten Bewegung zu „beben“ scheint). Es handelt sich mit den 630 Quadratmeilen um den größten Schwarzwasser-Sumpf in Nordamerika und eines der weltweit größten intakten Frischwasser-Ökosysteme. Eine Durchquerung von Ost nach West per Kanu und Zeltausrüstung (eine dieser Abenteurer begegnen uns auf unserer Tour) dauert 4-5 Tage. 10.000 bis 13.000 amerikanische Alligatoren leben hier - und bestimmt 30-40 davon haben wir heute gesehen. Es gibt aber auch diverse Schlangenarten (die größte ist die Indigo Snake mit über 2 Metern Länge), Bobcats, Schwarzbären, viele, viele Vogelarten und mehr.
Das Wasser ist so schwarz, weil sehr viele Blätter und andere organische Substanzen dort von Mikroorganismen zersetzt werden und als Schwebstoffe alles schwarz färben. Das Wasser fließt außerdem kaum und ist auch recht sauer, was einen sehr speziellen Lebensraum erzeugt.
Mich begeistern die wahnsinnigen Spiegelungen, mir wird manchmal richtig schwindelig, weil ich die Grenze zwischen „oben“ und „unten“ oft gar nicht mehr richtig zuordnen kann. Ich finde auch die Zypressen mit ihrem „Elefantenfuß“ richtig gut. Oft halte ich die Kamera knapp über die Wasseroberfläche, um einen tiefen Blickwinkel „auf Augenhöhe“ mit den Alligatoren zu bekommen. Ist ganz gut gelungen, finde ich.
Der Kanal, auf dem wir zunächst fahren, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts durch die Suwanee Canal Company errichtet. Die haben hier fast alle Zypressen gefällt, Macon spricht von mehreren Millionen (oder sogar Milliarden?) Längenmetern. Um das Holz besser abtransportieren zu können, haben sie diesen schnurgeraden Kanal gebaut, durch den wir heute fahren. Später biegen wir aber noch ab und erreichen die „Prairie“ - eine weite, offene Wasserfläche mit Wasserlilien und „never wet“-Pflanzen, deren Blätter tatsächlich niemals nass werden können, weil Wasser komplett abperlt. Die sehen gut aus mit ihren gelben (für mich an Anthurien erinnernden) Blütenständen.
Hier finden wir einige besonders fette Exemplare der Schnappmäuler und auch pflanzliche „Kollegen“, die Insekten „schnappen“ und nicht mehr loslassen. Immer wieder sehen wir auch die verschiedensten Vögel am Ufer.
Das hat uns so gut gefahren, dass wir die Option, auch den östlichen Abschnitt des Parkes zu besuchen, trotz des Umweges gerne in Angriff nehmen. Zur Stärkung lassen wir uns noch 2 Tuna-Sandwiches „mit allem“ bauen und mampfen frohgemut weiter Richtung Westen. Fahren kann das Auto ja fast von allein - immer geradeaus.
Im Stephen C Foster State Park, wie der östliche Abschnitt auch heißt, sind gegen 15:30 Uhr für heute leider keine Bootstouren mehr zu bekommen. Egal - gelaufen sind wir heute ohnehin viel zu wenig. Wir begeben uns also auf den Nature Trail mit Boardwalk und Gabi hat mit ihrem guten Auge auch schnell 2 Schlangen entdeckt, die unbeweglich aufeinander liegen und gerade Hochzeit feiern. Na dann viel Spaß! Auch einen fetten Alligator entdecken wir später im kleinen Hafenbecken am Ende des Trails.
Letzte Unternehmung für heute: eine Fahrt entlang des „Suwannee River Sill“, einem weiteren Kanal, der an einem Staudamm endet. Der Tag neigt sich dem Ende zu und die Farben spielen verrückt. Gelb- und Lilatöne mischen sich ins Abendlicht.
Nach 45 Minuten erreichen wir die Staatsgrenze zwischen Georgia und Florida und schießen weitere Bilder für die Staatenschildersammlung“. Eine Viertel Stunde später sind wir im Motel, das das günstigste unserer Reise ist und auch deutlich spartanisch daher kommt. Aber: ok!
Hunger haben wir nicht mehr wirklich heute. Wir haben noch Nektarinen, eine Paprika und dazu eine Orange und Banane aus der Hotel-Lobby. Ich besorge Eis aus der Eismaschine und so haben wir gekühlte Weinschorle, die ich gleich noch mit ein paar Chips krönen werde.
Heute Morgen habe ich noch gesagt, dass ich heute Abend viel schnell fertig bin als sonst, weil es heute ja nichts zu schreiben gibt. War ein Irrtum - gute Nacht! Uns geht es gold!
Tagesetappe: 317 Kilometer
Übernachtung: Americas Best Value Inn, 3835 West US Highway 90, Lake City, FL 32055
Angekommen

Gabi an Driftwood Beach, Jekyll Island, Georgia
Wir sind heute den vierten kompletten Tag hier und stellen fest: wir sind angekommen! Der Alltag ist so weit weg und wir sind so tief eingetaucht in den „tiefen Süden“und eins mit Landschaft und Menschen hier - das ist sehr schön!
Das schwierigste an „Judy’s Nest“ war es , ins Bett zu kommen. Ohne Treppenleiter selbst für mich fast unmöglich! Der Bettenbauer hat sich schon was dabei gedacht, als er eine umlaufende Kante installierte, die man zum Aufsteigen benötigt. Meine letzten Worte gestern Abend zu Gabi: „Fall nicht raus, das überlebst du nicht!“ Wir sind zeitig wach, richten unsere Sachen und fahren in die Stadt zum Visitor Center. Kennen wir ja schon - günstiges Parken.
Gut, dass wir den heutigen Tag mit „Luft“ geplant hatten. Die Option, den Vormittag noch in Savannah verbringen zu können, hatten wir bewusst gesetzt. Schließlich hatten wir nur eine einzige Nacht hier vorgesehen, da war uns schon zu Hause klar, dass wir evtl. Reserve benötigen. Mit dem Regen von gestern hatten wir ja nicht gerechnet. Um so besser, dass wir nun noch den ganzen Vormittag hier verbringen können. Und ernsthaft: wir hätten echt was verpasst, wenn wir die gut drei Stunden Spaziergang durch diese wunderschöne Stadt hätten missen müssen!
Wir nehmen uns die Tipps der Dame gestern im Visitor Center zu Herzen und steuern zunächst den Savannah River an. Hier stoßen wir auf das aus vielen einzelnen Gebäuden bestehende JW Marriott Hotel. Der Empfehlung folgend schauen wir uns die Foyers an: das erste ist eher klein, enthält aber eine sehr sehenswerte Sammlung von Instrumenten der Fa. Gretsch. Ich kannte bislang nur die Gitarren, habe hier aber auch Schlagzeuge und Blasinstrumente gesehen.
Den Haupteingang des riesigen Hotelkomplexes auf der anderen Seite des Platzes ziert schon von aus ein großer Kristall; sehenswert ist aber auch die St. Patricks-Day-Deko, die man in diesen Tagen hier häufig findet. Als wir die Lobby dann betreten, bleibt uns die Spucke weg. Niemals zuvor habe ich solch gigantische Amethysten gesehen. Das Hotel ist in eine ehemalige Lagerhalle gebaut und deren Größe und Aufmachung alleine ist schon beeindruckend. Überall stehen Amethysten, teils riesig groß, andere in Vitrinen - insgesamt: eine Menge! Die Wände zieren hintergrundbeleuchtete Scheiben von Halb(?)-Edelsteinen. Von der Decke hängt ein silberner Dinosaurier, begleitet von Flugsauriern. In weiteren Vitrinen finden sich ein Eiszeit-Eisbär-Skelett, Mammutzähne, fossile Schildkröten etc. Hammer!
Wir schlendern die River Street entlang. Kopfsteinpflaster, weitere alte Lagerhäuser, in denn sich heute Läden, Kneipen etc. befinden. Am Flussufer ein Schaufelraddampfer, die „Georgia Queen“. Wir gehen weit, bis zum „Waving Girl“, einer Bronzestatue am Flussufer. Dann gehen wir wieder stadteinwärts zu den Piratenhäusern und von dort Richtung City Market. Wir passieren wieder einige Town Squares mit den tollen Bäumen - und dem Spanish Moss. Die gehören inzwischen schon zu uns - wir mögen diese Giganten sehr!
Zwischendurch kehren wir kurz ein und lassen uns einen „Latte to go“ schmecken - die wurden mit ganz viel Liebe hergestellt (besser: zelebriert) und schmecken köstlich! Dann landen wir am City Market mit seinen Einkaufsmeilen - ich kann nur eine ganz kleine Auswahl an Fotos hier hochladen. Die Stadt gefällt uns richtig, richtig gut, was sicher auch an dem vielen Grün in den Town Squares liegt und daran, dass alles so „echt“ und authentisch rüber kommt hier.
Auf unserem Weg zurück zum Auto kommen wir nochmal am Cheppewa Square vorbei. Hier waren wir gestern Abend schon - die Sache mit Forrest Gump, der Bank und der Feder. Wir hören nochmal rein in den Guide und machen einige Bilder. Gabi steht an dem „Cheppewa Sqaure“-Schild - genau hier stand die Bank, auf der Forrest seine Geschichte erzählt. Und nebenan ist die weiße Kirche mit dem grünen Dach - hier flog die Feder entlang. Das berührt uns schon etwas, denn den Film und die tolle Musik dazu mögen wir sehr.
Es ist kurz vor 12:00 Uhr und wir starten Richtung Süden. 90 Minuten Fahrt und wir erreichen Brunswick, einen echt malerischen, kleinen Ort und gleichzeitig die "Hauptstadt der Krabbenfänger". Ich hatte mir heute Morgen auf „Maps“ einen Überblick verschafft. Parken können wir im Mary Ross Park direkt am Wasser. Hier ist auch ein alter Leuchtturm. Der Regen hält sich fern, die Sonne scheint jetzt sogar. Angenehm warm war es ja die ganzen Tage schon. Wir bekommen aber jetzt auch einen Eindruck davon, was die Sonne mit der Wärme und der hohen Luftfeuchtigkeit anstellen kann. Nicht auszudenken, wie es hier ab Mitte Mai sein muss, Puh!! Die Newcastle Street ist so sehenswert wie im Reiseführer beschrieben. Alles relaxed, cool, easy going. Eine Rum-Destille am Wegesrand lädt zum Tasting ein. Gabi probiert nur einen, der ist aber sehr lecker!
Nächstes Ziel: Jekyll Island. Wir sind es ja schon seit Charleston gewohnt, ständig über recht hohe und lange Brücken zu fahren. Der Küstenstreifen besteht quasi komplett aus Flüssen, Wetland und Marshland. Da müssen ständig Brücken herhalten. Jetzt fahren wir über die größte Spannbrücke Georgias. Sie ist 2,1 km lang, ihre höchste Stelle liegt 150 m (!!) über dem Wasserspiegel. An der Auffahrt und am höchsten Punkt stehen amtliche Schilder mit Hinweisen zur Suizidberatung. Wer da runter springt, ist am Ende - im wahrsten Sinne des Wortes.
Jekyll Island ist die südlichste der „golden Isles“. 1858 kam hier die erste „Ladung“ Sklaven für die Südstaaten an. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es hier den „Club der Superreichen“ (Rockefeller, Goodyear, Pulitzer etc.); ihnen gehörte 1/6 des gesamten Weltvermögens - unvorstellbar. Wir sind eher für die Natur zuständig und steuern deshalb „Driftwood Beach“ an; das Treibholz gibt dem Strand den Namen und bietet uns schöne Fotomotive. Der anschließende Besuch in der eher touristisch angehauchten „Beach Village“ ist ebenfalls entspannt, bietet aber keine solch ansprechenden Fotomotive.
Wir fahren zum Hotel auf St. Simons Island; wieder geht es über mehrere Brücken. Ich zucke immer wieder zusammen, wenn - wie jetzt - ein Straßenschild den Weg zu den „Slave Cabins“ o.ä. weist. Dann muss ich mir immer vergegenwärtigen, dass es sich dort um historische Stätten handelt.
Koffer aufs Zimmer und sofort nochmal los. Gerne wollen wir noch heute zum Fort Frederica National Monument. Gesagt getan! Fort Frederica ist ein Fort und eine Ansiedlung aus der britischen Kolonialzeit. Das Fort wurde 1736 im Marschland des Mündungsdeltas des Altamaha River an einem nach der Siedlung Frederica River genannten Seitenarm errichtet, um den Schiffsverkehr vor der Küste zu kontrollieren und so die Grenze zwischen den britischen Kolonien (insbesondere der neugegründeten Kolonie Georgia) und dem spanischen Florida zu schützen. Heute beeindrucken uns vor allem wieder mal die tollen Bäume auf der weiten Fläche. Das Fort an sich ist sehr klein, die erhaltenen Fundamente der kleinen „Stadt“ lassen aber ahnen, wie es hier einmal ausgesehen hat.
Wir fahren nun Richtung „Zentrum“ der Insel mit Geschäften und Restaurants. Die Wohngebiete, an denen wir vorbei fahren liegen jeweils versteckt in einem dschungelähnlichen Wald.
Wir haben Lust auf Seafood und steuern das Iguana Seafood Restaurant an. Hier ergattern wir noch gerade so einen Platz an der Theke. Sofort bin ich im Gespräch mit dem Paar aus Boston, das hier Urlaub macht. Sehr nette Leute und wir unterhalten uns angeregt über dies und das. Genau das mögen wir an „Land und Leuten“. Das Essen ist auch richtig gut. Es gibt Shrimps! Für mich in vier verschiedenen Sorten (Kokosmantel, Baconmantel, scharfe Soße und „Natur“) mit Onion Rings und Cole Slaw als Beilage - für Gabi mit Pasta und leckerer Soße. Toller Abend!! Als wir das Lokal verlassen, regnet es leicht - später zieht noch ein kräftiges Gewitter auf.
Jetzt ist alles geschrieben und die Fotos sind fertig. Wir auch. Schnell noch alles hochladen und dann machen wir die Augen zu. Morgen ist ein neuer Tag - wie schön, dass wir uns „angekommen“ fühlen.
Tagesetappe: 212 Kilometer
Übernachtung: Best Western Plus St. Simons, 301 Main Street, St. Simons Island, GA 31522