Tagebuch
Frühling in Chattanooga
21.03.24 02:18 Abgelegt in: Tennessee

Gabi im Chattanooga National Military Park, Chattanooga, Tennessee
Nach dem Frühstück brechen wir auf. Morgen fliegen wir ab Atlanta in die Heimat und es musste ein Zwischenstopp her, der einerseits nicht zu weit von Atlanta entfernt ist und andererseits auch noch eine Kleinigkeit zu bieten hat. So fiel die Wahl auf Chattanooga.
Gegründet wurde die Stadt am Tennessee River 1835 als Handelsposten von Cherokee Indianern. Nachdem die Indianer 1838 gezwungen worden waren, die Stadt zu verlassen (auf dem sog. „Trail of Tears“) wurde sie von weißen Siedlern „übernommen“ und erhielt ihren heutigen Namen. Mehrere Eisenbahnlinien und Straßen machten die Stadt schon 1860 zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt - was auch die Unionstruppen im Bürgerkrieg zu schätzen wussten. 1899 wurde hier die erste große Coca-Cola-Abfüllanlage errichtet.
Gegen 12:30 Uhr erreichen wir nach einer ruhigen, musikalischen Fahrt unser Hotel. Das Zimmer ist schon fertig, prima! Es ist eine Art Suite mit Küche und vor allem viel Platz. Letzteres war uns wichtig, weil hier unsere Koffer für die Rückreise gepackt werden müssen. Das ist immer ein ziemlicher Akt, weil über 3 Wochen „Leben aus Koffer und Auto“ zusammengepackt und in zwei Koffer verfrachtet werden müssen. Gabi hat da die Ruhe weg und den Dreht raus - wie bei so Vielem.
Um diese Dinge kümmern wir uns aber zunächst überhaupt nicht. Das Wetter ist super, schon heute morgen waren es 15 Grad mehr als gestern und jetzt haben wir 22 Grad im Schatten. Also ab ins Auto und auf neue Entdeckungstour - alles schaut so frühlingshaft aus hier. Der Bürgerkrieg hat vor allem am sog. „Lookout Mountain“ seine Spuren hinterlassen. Andererseits bietet der Berg aber auch fantastische Tiefblicke auf Stadt, Tennessee River und Umgebung.
Die Straße windet sich den Berg hinauf. Überall blühen Bäume in rosa und weiß und sattes grün empfängt uns ebenfalls. Einen ersten Stop legen wir bei der „Chattanooga Incline Railway“ ein. Die Standseilbahn wurde 1895 bereits in Betrieb genommen; das oberste Stück ist mit einer Steigung von 72,7 Prozent eines der steilsten Bahnsegmente der Welt. Wir gehen bis zum Aussichtspunkt des oberen Bahnhofes und sehen die Bahn kommen. Gewaltig, wie steil sie hier herauf klettert. Wir machen Fotos - Partnerlook in oranje!
Innen im Bahnhof gibt es einen kleinen Andenkenladen, der aber auch allerlei sonstiges Zeugs verkauft, unter anderem Bücher. Zwei haben mich gleich besonders angesprochen, die Titel muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Freie Übersetzung: „Zieh deinen Bauch ein und leg etwas Farbe auf - was Südstaatenmütter ihren Töchtern erzählen und was ihr alle auch wissen müsst“ und noch besser „Tot sein ist keine Entschuldigung - der offizielle Südstaaten-Frauen Ratgeber, die perfekte Beerdigung auszurichten“.
Es sind nur noch wenige hundert Meter bis zum Point Park, dem Chattanooga National Military Park. Den hatten wir gar nicht so richtig ausgearbeitet und auf der Rechnung - das hat sich aber super gelohnt. Hier auf der nördlichen Spitze des Lookout Mountain wurde 1863 die „Schlacht über den Wolken“ gefochten. Zu sehen sind alte Kanonen und Monumente. Der eigentliche Knüller aber ist die grandiose Aussicht über die Stadt. Wir finden gleich mehrere schöne Fotospots, u.a. auch den Blick auf den „Moccasin Bend“, wo der Tennessee River eine 180-Grad-Schleife bildet. Es wird sehr anschaulich dargestellt, wie die Truppen damals mit ihren Kanonen hier den Berg und die Stadt verteidigt haben. Heftig, sich das vorzustellen!
Jetzt fahren wir aber in die Stadt. Attraktive Gebiete sind der Chattanooga-Choo-Choo District um den alten Bahnhof, der als Park angelegte Tennessee Riverwalk (um das Aquarium und am Fluss) und die restaurierten Straßenzüge in der Innenstadt, wo es auch zahlreiche Restaurants und Kneipen gibt.
Dies alles schauen wir uns an, stellen den Wagen in einem Parkhaus am Bahnhof an und suchen zunächst den „Cho Cho“ auf. Bereits die Entwürfe des 1909 fertiggestellten Bahnhofgebäudes erhielten 1903 den 1. Preis der Paris Beaux Arts Competition. Der 1970 stillgelegte Bahnhof wurde 1974 zu einem attraktiven Freizeitareal umgestaltet. Das alte Bahnhofsgebäude dient nun als Foyer für die Unterkunft. Waggons, Bahnsteige und Nebengebäude bieten Restaurants, Cafes, Pubs und manchmal auch Livemusik. Einige der alten Schlafwagen auf den Gleisen sind zu Hotelsuiten umgestaltet worden. Der Chattanooga-Choo-Choo war der erste öffentliche Personenzug, der ab dem Jahr 1880 die Nord-Süd-Route fuhr. Natürlich hören wir bei der Anfahrt auf den letzten Metern Glen Millers gleichnamiges Meisterwerk.
Im Umfeld des Bahnhofs hat sich ein interessantes Stadtviertel entwickelt, geprägt durch eine Mischung aus Shoppingmalls, Restaurants, Cafes, kleinen Geschäften entlang der Market St. und alten, z.T. noch leeren Lagerhäusern.
Direkt gegenüber dem Bahnhof befindet sich die „Chattanooga Whiskey Experimental Distillery“. Sie ist ebenso wie die im Bahnhof gelegene „Gate Eleven Distillery“ Teil des Whiskey Trails. Also holen wir uns unsere Stempel ab. In der Experimental Distillery lassen wir uns sogar zu ein paar kostenlosen Samples verleiten. Sie geben sich echt Mühe, sind super freundlich und haben leckere Tropfen im Angebot.
Die Market Street führt bis zum Tennessee River und Tennessee Aquarium. Die gut 2 km, also 30 Minuten Fußweg haben wir schnell erledigt. Wir schauen uns „Downtown“ noch etwas um, spektakulär ist es hier aber nicht. An der Brücke zum Fluss steht eine Bronzestatue mit dem Titel „Frühling“ - na bitte, das passt doch zum Tagesmotto. Mit dem kostenlosen Trolley fahren wir zurück zum Parkhaus.
Nun haben wir Hunger und Durst. In den letzten 30 Minuten ist die Entscheidung gereift, nicht hier in der Stadt zu essen, sondern in der Nähe des Hotels etwas zu finden. Kurzer Google-Check: Jonathan’s Grille scheint geeignet. Das entpuppt sich als ziemlich große Sportsbar mit Außenbereichen. Wir bekommen einen Tisch vorne auf der Sonnenseite. Der Kellner fragt, ob wir zur Happy Hour 2 Getränke zum Preis von einem haben wollen? Warum nicht, Durst haben wir! 5 Minuten später stehen 2 große Cider und Biere vor uns. Da machen wir mal wieder Augen, dachten wir doch, wir bekämen das nacheinander. Immerhin wurden wir hier nicht nach den Ausweisen gefragt, wie sonst so oft. Gestern Abend in Gatlinburg hätte Gabi fast kein Cider bekommen, weil sie keinen Ausweis dabei hatte. Glücklicherweise hatte ich ihn auf dem iPhone griffbereit. Andere Länder …
Mein „Cowbow smashed Burger“ mit Onion Rings ist klasse, auch Gabis Nudeln mit Huhn sind super gewürzt. Es war nur mal wieder viel zu viel.
Zurück am Hotel setzen wir uns noch kurz in die untergehende Sonne - die Farbstimmung war schon beim Essen fantastisch und versüßt uns den letzten Urlaubsabend. Jetzt ist das Tagebuch fertig und ich mache langsam Feierabend. Gute Nacht - einmal melde ich mich noch, allerdings erst von zu Hause und das passiert irgendwann am Wochenende. Liebe Grüße aus den Südstaaten!!
Tagesetappe: 283 Kilometer
Übernachtung: TownePlace Suites by Marriott Chattanooga South, East Ridge, 6801 Ringgold Road, Chattanooga, 37412