Tagebuch




The Moon is shining

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Gabi in der Tennessee Legend Distillery, Sevierville, Tennessee

So, die beiden letzten Tage sind online und hier kommt der heutige Tag - ohne Internet geht nun mal nicht viel. Das war im Club Hotel Nashville leider massiv gestört - bei uns ging fast nix. Ansonsten war das Zimmer super und die ruhige Lage im Osten Nashvilles genau richtig. Um kurz vor neun sind wir unterwegs, es liegt eine längere Fahr vor uns inkl. erneuter Zeitumstellung.

Frisch ist es heute in Nashville und offensichtlich im ganzen Land. Als wir starten sind die Temperaturen gerade mal so über dem Gefrierpunkt. 10 Grad plus soll heute die Höchsttemperatur werden. Dabei ist strahlend blauer Himmel, tolles Wetter. Ich ziehe dann aber doch mal was langärmliges an.

Die Fahrt vergeht erstaunlich schnell. Siri spiel auf Wunsch alle Musik, die wir hören möchten. Gerne lassen wir uns mal etwas näher bekannt machen mit den Künstlern, von denen wir gestern so viel gehört und gesehen haben. Taylor Swift, Linda Ronstadt, die Everly Brothers, die Eagles und viele andere erfreuen uns mit ihrem Gesang. Zwischendurch noch mal tanken, dann könne wir die Interstate 40 schon verlassen.

Wir erreichen Sevierville, die Smoky Mountains sind schon zu sehen. In Lynchburg hatten wir „Whiskey-Trail-Pässe“ bekommen. Dort sind viele Distillerys aus Tennessee aufgeführt, die man besuchen kann und die einem den Pass abstempeln. Außerdem gibt es einen Chip der Distillery wie man sie aus dem Spielkasino kennt. Wenn man alle Stempel beisammen hat bekommt man ein Pokerspiel geschenkt. Werden wir nicht schaffen. Sammeln macht dennoch Freude und die Chips oder Coins sind gut!

Hier in Servierville sehen wir eine Moonshine Distillery am Wegesrand und halten an: Tennessee Shine Co. Sie nehmen aber nicht teil an diesem „Whiskey Trail“-Dings. Dafür kann man kostenlos einige Räume besichtigen und mehr über den Moonshine erfahren. So wird in der Distillery heute üblicherweise der Rohbrand genannt. Herkömmlich ist Moonshine aber der Begriff für schwarz gebrannten Schnaps, der „bei Mondschein“ heimlich hergestellt wurde.

Der Rundgang ist zunächst interessant. Es werden die Umstände gezeigt, unter denen Moonshine früher und heute hergestellt wurde/wird. Dann lernen wir den besonderen Humor der Gegend hier kennen. Da ist ein ausgestopfter Bär - wie man sie hier häufig sieht. Gabi nimmt sich Tiny und setzt ihn auf den Zaun neben dem Bären. Da brüllt das Tier so plötzlich und ohrenbetäubend los, dass meine Apple-Watch Lärmalarm gibt. Ok, kam vom Band, irgendwie mit Infrarotmelder oder so. Dennoch habe ich mich zunächst sehr erschrocken. Man weiß ja nie. Zwei Minuten später gehe ich in den nächsten Raum und da ist direkt hinter der Tür links eine Art Besenkammer und drinnen sitzt einer - auf einen elektrischen Stuhl gefesselt, den schwarzen Sack über dem Kopf (das Foto habe ich wieder rausgenommen aus der Auswahl - zu gruselig und ernst, das Thema). Ok - reicht, wir fahren weiter.

Wenige hundert Meter weiter liegt dann die Tennessee Legend Whiskey Distillery an der Strecke. Hier bekommen wir Stempel und Münzen und dazu darf Gabi einige gut gefüllte Fingerhüte voll probieren. Freie Auswahl - 8 darf sie kostenlos, sie nimmt 4. Sehr vernünftig! In der Dekoration ist auch noch St. Patrick’s Day. Käufer des Moonshine unterstützen auch die Veteranen - ein weiteres Thema, das uns hier überall begegnet.

Einige Kilometer weiter steht die Welt auf dem Kopf - wir erreichen Pigeon Forge. Der Ort ist „Americana pur“. Bunt, voll, kitschig, aber eben auch bodenständig und familienfreundlich. Innerhalb von 3 Jahrzehnten hat sich das Örtchen, u.a. Dank des Einsatzes von Dolly Parton zu einem wahren Mekka der Country-Musikfans etabliert. 12 Millionen Besucher kommen jedes Jahr und über 20, zumeist hochklassige Dinner-Shows werden mindestens ein Mal am Tag angepriesen. Das ist eine Mischung aus Hollywood, Las Vegas, Disneyworld und Alice im Wunderland.

Das „Wonderworks“-Haus steht tatsächlich auf dem Kopf. Wir gucken kurz rein, alles kopfüber. Man kann dort Touren und „Rides“ buchen; die Warnschilder sagen, dass einem schlecht werden könnte. Springbreak - die Familien lieben es offensichtlich. Auch auf der anderen Straßenseite liegt ein Haus schräg.

Wir fahren etwas weiter und da befindet sich ein Titanic-Nachbau am Straßenrand. Es enthält das größte Titanic-Museum der Welt. Hier kann man die Fahrt und den Untergang des legendären Schiffs hautnah miterleben und selbst an den nachgebildeten Ereignissen teilhaben. Der Gründer des Museums war der erste Sponsor für die Suche der tief auf dem Meeresgrund ruhenden Titanic. Sogar der Eisberg und die Bugwelle sind da.

Daneben ist „Hatfield & MacCoy Dinner Feud“, eine Farm mit lustiger Deko. Tiny hat seinen Spaß. Hier findet regelmäßig eine dieser Dinner-Shows statt.

Das „Sunliner Diner“ ist einem Airstream Wohnwagen nachempfunden und erinnert stark an die 50er-Jahre. Sehr schön, wir gucken kurz rein, hier kannst du deinen Burger im Cadillac essen. Und wieder gegenüber hängt King Kong am Hochhaus; er hat gerade einen Flieger aus der Luft gepflückt. Es handelt sich hier um das „Hollywood Wax-Museum“. Am Ortstausgang liegt dann noch „Dollywood“, die Hauptsehenswürdigkeit des Ortes. Hier finden Fans einen Vergnügungspark mit Souvenirshops, einer historischen Eisenbahn, Countrymusic, Dinnershows, nachgebauten alten Häusern, einem Wasserpark, der schnellsten Holzachterbahn der Welt etc. - Dolly Parton lässt die Kassen klingeln. Wir halten hier nicht an.

Statt dessen erreichen wir Gatlinburg, das Tor zum Smoky Mountain NP, der direkt nebenan liegt und morgen von uns erkundet wird. Heute lassen wir uns im Visitor Center beraten und wissen nun, was wir morgen machen. Kartenmaterial, den Parkausweis für morgen (5 Dollar, dafür kein Eintritt) und genügend Sticker nehmen wir gleich mit.

Wir haben ein Zimmer in der „Greystone Lodge on the River“ gebucht. Das ist ebenfalls sehr schön, hat einen Balkon mit Blick auf den Fluss und unser Auto steht nur wenige Meter entfernt sicher in einer Garage.

Wir gehen nochmal los und kehren als erstes bei der Gatlinburg Brewing Company ein. Das Team hier ist super drauf, entspannt. fröhlich, gut gelaunt; man tanzt bei der Arbeit und hat sichtlich Spaß. Das wirkt ansteckend und wir trinken Cider und Bier vom Fass. Die Pizza wird ganz frisch vor unseren Augen zubereitet und zwar in einer Größe, dass jeder eine nach seinem Geschmack bestellen kann. Toller Programmpunkt.

Als wir etwas tipsy wieder auf der Straße sind reiben wir uns die Augen: da gegenüber ist ein Trump-Shop. Ja: richtig gelesen: ein ganzer Laden mit Fahnen, Wimpeln, Stickern, Mützen, Bannern und nur einem Thema: Trump - und gegen Biden. Ich hätte viel für möglich gehalten, so etwas nicht. Die Südstaaten sind sicher eher Trump-nah, das haben wir in den vergangenen Wochen gespürt und gesehen. Diese Art der „Wahlwerbung“ ist neu für uns.

Da gehen wir doch noch einen Kilometer die Hauptstraße rauf und wieder runter. Ziel: die „Sugarland Distillery“ und die „Ole Smoky Mountain Distillery“. In der ersten gibt es Stempel und Coins, in der zweiten ein kleines Tasting. Die Whiskeys sind gar nicht so schlecht. Die z.T. quietschbunten Moonshines, die oft aromatisiert werden, sind nicht so mein Ding. Draussen spielt Live Musik bei Eiseskälte. Der Gitarrist friert nicht, Banjo, Fiddle und Bass haben aber wenig Naturneopren.

Alles hier ist ebenfalls bunt und auf Familienunterhaltung ausgelegt - ganzjährig. Es ist aber alles etwas kleiner und netter aufbereitet als in Pigeon Forge. Manche Ladenzeilen wirken wie aus dem Märchenland. Allerdings sind hier z.B. Waffen auf dem Gelände willkommen - es wird darum gebeten, diese aber im Holster zu tragen, solange das vertretbar ist - andernfalls soll man sich „vernünftig“ verhalten. Tja, das ist schon anders hier als bei uns zu Hause.

Die Sonne verschwindet und nun wird es noch kühler. Zeit für uns, das Zimmer aufzusuchen. Morgen wollen wir früh los. Das Tagebuch ist fertig, nun noch die Bilder aussuchen und bearbeiten. Gabi steuert täglich tolle Fotos bei, die sie mit ihrem iPhons schießt und bearbeitet. Das muss auch mal lobend erwähnt werden - super! Liebe Grüße, die Moonshines zogen sich durch diesen Tag, ob der „echte“ auch noch um die Ecke kommt, werde ich kaum erleben - das Reich der Träume ruft.

Tagesetappe: 344 Kilometer
Übernachtung: Greystone Lodge on the River, Gatlinburg, 559 Parkway, Gatlinburg, TN 37738-3201

© 2024 Gabi & Jürgen