Tagebuch




Ein Tag mit dem King ...

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Jürgen in Graceland, Elvis the Entertainer Career Museum, Memphis, Tennessee

… und dieses Mal ist nicht der gute, alte B.B. King gemeint. Weg vom Blues, weiter hin zum Rock ‚n‘ Roll, der sich ja aus dem Blues entwickelt hat. Heute gehört der Tag ganz einer Legende, die jeder kennt: Elvis Aaron Presley. Wir haben heute wieder sehr interessante Dinge gesehen und erfahren und sind dem „King of Rock ‚n‘ Roll“ so nahe gekommen, wie das nur möglich sein kann. Ehrlich: ich fand insbesondere seine Balladen immer schon sehr schön, hatte aber ansonsten keinen besonderen Zugang zu diesem Musiker. Ja - vielleicht habe ich ihn auch etwas belächelt, weil ich ihn aus meiner frühen Jugend nur als fetten, alten Mann kannte, der in merkwürdigen Roben vor sich hin schwitzte. Sein wahres Potenzial und den Menschen, der hinter dem Supersuperstar mit all seinen Problemen steckte habe ich sicher unterschätzt. Heute war ein guter Tag für unsere Beziehung. Die audiovisuelle Aufarbeitung in Graceland ist sehr gut gelungen und bringt mir Elvis auch menschlich näher. Doch fangen wir vorne an:

Nach dem wie immer deftigen Frühstück sind wir schnell startklar. Die Fahrtzeit bis Graceland beträgt nur 11 Minuten - ich habe aber noch keine Tickets. Schon zu Hause hatten wir uns damit beschäftigt, welche Zusammenstellung für uns die richtige ist, denn es gibt diverse Kategorien, die einem „normalen Zugang“ gewähren oder gegen gesalzenes Aufgeld gestaffelt Zusatz-VIP-Optionen einräumen mit „skip the line“-Garantie und weiteren Sehenswürdigkeiten. Letzte Tage (oh Mann, das war tatsächlich erst gestern im Sun Studio) habe ich mich mit einem älteren Herrn unterhalten, der mich in meiner Auffassung bestärkt hatte: ich benötige die „Elvis Experience Tour“, also die "einfache Ausgabe" - dennoch recht kostspielig. Wir sollen 3,5 bis 4 Stunden einplanen und sind tatsächlich fast 4 Stunden dort. Wer richtig tief eintauchen und alles - soweit das überhaupt möglich ist - sehen möchte, kann hier auch mehrere Tage verbringen.

Also buche ich jetzt noch vor der Abfahrt schnell online zwei Tickets - die erste „Tour“, für die ich Karten bekommen kann, ist aber die um 11:15 Uhr. Na gut, das System ist hoffentlich so, dass wir schon vorher alles andere anschauen können, um nicht so viel Zeit mit Warten verbringen zu müssen. Um 09:30 Uhr sind wir dort - es ist glücklicherweise so, wie ich hoffte.

Eins vorweg: das hier ist 150% Hollywood und Disneyworld. Keine Fahrgeschäfte, aber bis ins kleinste amerikanisch durchorganisiert, gut geplant und umgesetzt, großzügig gebaut und fantastisch aufbereitet. Gleichzeitig wird aber auch keine Chance ungenutzt gelassen, die „Marke“ Elvis zu verkaufen - in den jeder, aber auch jeder Abteilung angegliederten Gift-Shops kannst du alles kaufen, worauf sich der name „Elvis“ oder sein Konterfei drucken lässt. Tücher, Tassen, T-Shirts, Jacken, Jumpsuits (der „echte“ späte Elvis Look mit Strass für mehrere Tausend Dollar), Bücher - ja sogar Topflappen und Hundeleinen. Zwei Restaurants (benannt nach Vater und Oma), eine Kaffeebar, ein Eis- und Candyshop sorgen dafür, dass Geld auch in Kalorien umgesetzt werden kann. Wir widerstehen komplett.

Schon auf dem Parkplatz (zusätzliche 10 Dollar) begrüßen uns bunte Plakatwände. Da gerade die ersten Touren laufen, wir aber noch so früh sind, sind wir tatsächlich alleine (!) auf der Straße, die die verschiednen Gebäude und Abteilungen verbindet. Also starten wir dort, wo wir unser größtes Interesse vermuten: Im „Elvis the Entertainer Career Museum“. Und oh Wunder: auch dort sind wir ca. 45 Minuten ganz (!!) alleine. Das macht alles einfacher, lockerer und entspannter, vor allem das Fotografieren. Blitz ist verboten wie überall, Video- und Tonaufnahmen sind es auch. Kein Problem.

Gleich am Anfang sehe ich ein Klassenfoto mit einem schönen Zitat, direkt daneben begegnen uns die „Sun Studios“ von gestern wieder - die Geschichte von „That’s allright“ usw. Das Foto des Studios zeigt, was wir gestern „in echt“ sahen. Perfekter Anknüpfungspunkt. Neben vielen Beschreibungen finden sich hier auch diverse goldene Schallplatten und (wie ich finde) super Fotos vom King.

Eine ziemlich große Abteilung befasst sich mit seinen unzähligen Filmen, die er gedreht hat. Sein eigentlicher Plan war es, Schauspieler zu werden - er bekam aber keine ernsthafte Chance, sondern nur „Klamauk-“ und „Schmonzettenfilme“. Die jungen Mädels wollten ihn halt auch lieber auf der Bühne anschmachten. Überall laufen auch Konzert- und Spielfilmausschnitte sowie gut gemachte Videoinstallationen. Dazu gesellen sich Bühnenoutfits - zunächst die älteren, rockigen - später die zahlreichen „Jumpsuits“ mit diesen irren, breiten Gürteln, Schmuck etc.

Wände voll goldner Platten, Grammys und zahllosen Auszeichnungen können mit dem Auge gar nicht richtig erfasst werden - mit der Kamera schon mal gar nicht. An einer Wand allein hängen 24 goldene Singles aus der Zeit von 1956 bis 1959.

Toller Auftakt, wir steuern die nächsten Hallen an. Hier im Elvis Presley Motors Automobile Museum geht es um fahrbare Untersätze aller Art: Ralleysportwagen, Go-Karts (Elvis liebte es, mit Freunden in Graceland Kart zu fahren), Golfkarts (die die ganze Familie als Fortbewegungsmittel auf dem Gelände nutzte), Motorräder, ein John Deer Trecker (die Presleys hatten und haben Pferde und für das riesige Grundstück wurde auch schweres Gerät benötigt) und natürlich zahlreiche Luxuskarossen aller Hersteller. Der Pink-Caddillac von 1955 ist hier natürlich der Knüller, den sich auch Tiny Little Bear nicht entgehen lässt. Wahnsinn!

Es ist jetzt 11:00 Uhr und damit Zeit, sich zur Tour zu begeben, die um 11:15 Uhr beginnt. Zuerst gibt es den obligatorischen Einführungsfilm, in dem uns die Fakten nur so um die Ohren wirbeln und mir klar wird, was alles auf den jungen Mann eingeprasselt ist, womit er klarkommen musste und was wahrscheinlich auch der Grund dafür war, dass er nur 42 Jahre alt wurde und am Ende als Wrack da stand (diese Thema wird hier übrigens komplett ausgeklammert!).

Elvis gab am Ende (vom Sommer 1969 bis zu seinem Tod im August 1977) mehr als 1.100 Konzerte, davon allein 635 Shows im International Hotel in Las Vegas. In 28 Tagen hat er mal 57 Konzerte gespielt. Wie will man das ohne Drogen machen? Und wie schafft man es, dass die Stimme das mitmacht? Er war sicher sehr fremdbestimmt - dazu gibt auch der Film „Elvis“ von 2022 einige Hintergründe preis. Insgesamt hat er mehr als eine Milliarde Tonträger weltweit verkauft.

Elvis Aaron Presley wurde 1935 in East Tupelo, Mississippi, als Sohn des Landarbeiters Vernon Elvis Presley und der Textilarbeiterin Gladys Love Smith geboren. Sein Zwillingsbruder Jesse Garon kam kurz vor ihm tot zur Welt. Sie lebten in einem sog. Shotgun-House. Das hat seinen Namen daher, weil es so klein ist, dass „wenn man mit der Schrotflinte auf die Haustür schießt die Kugeln hinten heraus kommen, ohne das innen etwas kaputt geht“. Kein Strom, kein fließendes Wasser, keine Sanitäranlagen. Elvis singt früh Gospel in der Kirche, bekommt mit 11 seine erste Gitarre und zieht mit seinen Eltern mit 13 Jahren nach Memphis, weil sich die Familie dort ein besseres Leben erhofft.

Per Shuttlebus und ausgestattet mit iPad und Erklärfilmen fahren wir nun per „Tour“ die wenigen hundert Meter zur Graceland Manison, dem ehemaligen Wohnhaus von Elvis und seiner Familie. Ich muss mich jetzt kürzer fassen …

Das Gebäude wurde 1939 erbaut und nach einer Tante des ersten Besitzers benannt. 1957 erwarb Elvis das Haus und begann bald damit, es aufwändig umzugestalten. Jedes Zimmer hat seinen eigenen, ganz besonderen Charakter. Besichtigen kann man nur das Erdgeschoss und den Keller;, das 1. OG wird noch privat genutzt von der Familie.

Wir starten im Erdgeschoss. Das Wohnzimmer hat ein 4 Meter langes Sofa und einen weißen Flügel, dazu aufwändige Glasarbeiten in Form von Pfauen. Das Esszimmer gegenüber ist ganz in blau gehalten. Die Küche sieht einigermaßen normal aus - hier wurde 24/7 gekocht, weil immer ein Haufen Leute im Haus waren.

Im Keller hatte Elvis sein gelbes Fernsehzimmer mit drei Bildschirmen nebeneinander. Die Decke ist verspiegelt, was einen ganz schwindelig werden lässt. Auch Plattensammlung, Stereoanlage und so etwas wie ein Beamer sind hier - Medienraum würde man heute sagen.

Der Billardraum ist ausgekleidet mit fast 700 Meter Stoffbahnen mit bunten Mustern. Das sieht sehr ungewöhnlich, aber auch richtig gut aus. Der Dschungelraum hat Möbel aus tropischem Holz; Wände und Decke sind mit dickem, tiefgrünem Teppich ausgekleidet. Hier hat Elvis auch abgehangen, Musik gemacht und Stücke aufgenommen.

Durch den Garten geht es dann zu Vernon’s Office, dem Arbeitszimmer von Elvis’ Vater und wieder weiter, an den Stallungen vorbei zum „Trophy Building“. Hier bekommen wir einen Einblick in das Privatleben des „King“ - wichtige Stationen und Ereignisse werden dokumentiert, z.B. die Heirat mit Priscilla und die Geburt von Lisa-Marie). Hochzeitsoutfilts, Spielzeug von Lisa-Marie sowie diverse Alltagsgegenstände, Gemälde und Möbelstücke sind zu sehen.

Das Raquetball Building, das vor einigen Jahren wieder so hergerichtet wurde, wie es 1977 aussah, besteht aus zwei Teilen: der Lobby mit einem Klavier und Flipperautomaten sowie dem eigentlichen Raquetball-Spielfeld (das ist eine Mischung aus Tennis und Squash, aber mit kurzem Schläger).

Zum Schluss geht es vorbei am Swimmingpool noch durch den „Meditationsgarten“, in dem Elvis zusammen mit Vater, Mutter und Großmutter begraben ist. Puh - eindrucksvolle Tour!

Wir schauen uns anschließend noch eine Halle an, in der aktuelle Künstlerinnen und Künstler ausgestellt sind, die etwas zum King zu sagen haben, Instrumente zur Verfügung stellen, die sie mit Elvis verbindet - auch hier: schöne Fotos, bekannte Gesichter, auch aus der Country-Szene. Ebenso widmet sich eine weitere Halle seiner Militärzeit (Uniformen, persönliche Gegenstände etc.) und noch eine weitere allem möglichen Privatzeugs, das zum Teil noch in Kisten verpackt ist. Akso ehrlich: wenn es noch irgendwo ein Wattestäbchen mit Ohrenschmalz vom King gibt - hier wirst du es finden! Ironie off …

Ein weiterer Komplex widmet sich der Tochter Lisa-Marie und was es heißt, Tochter vom King gewesen zu sein. Sie starb überraschend im Januar 2023 im Alter von nur 54 Jahren; ihr Grab haben wir ebenfalls eben „am Pool“ im Meditationsgarten gesehen. Nebenan noch eine Aussstellung zum „making of“ des aktuellen Elvis-Films. Hier ist auch das Sun Studio nachgebaut …

Gleich neben dem Ausstellungskomplex sind die beiden Privatflugzeuge von Elvis zu bewundern (Graceland Air). Der Düsenjet „Lisa Marie“ (benannt nach seiner Tochter) von 1958 ist luxuriös eingerichtet mit vergoldeten Waschbecken, Queen-Size-Bett und einer Telefonanlage, mit der Elvis schon Mitte der 1970er-Jahre in aller Welt herumtelefonieren konnte.

4 Stunden geballte Informationen, wir sind platt. Also endlich rein ins Auto und die 1:40 bis Tupelo fahren. Dort gucken wir uns noch „Elvis Presley Birthplace“ an. Da ist sie, die kleine Hütte, von der ich eben schon berichtet habe. Eine Statue vom 13-jährigen Elvis ist ebenso zu sehen wie die alte Kirche, eine „Elvis Memorial Chapel“ und ein schöner Garten.

Weitere 60 Minuten später sind wir im Hotel. Ich beschaffe uns eine Pizza bei Dominos, lecker! Kaum wieder hier geht da draussen ein Wetter ab - weia! Es blitzt und schüttet vom Feinsten. Grandioses Spektakel. Jetzt ist es wieder ruhig. Und jetzt mache ich auch einfach mal den Sack zu; habe am Ende etwas gestrafft, aber das Wichtigste bin ich losgeworden.

Nur eins noch: unser WC hier hat „Explosionsspülung“. Unfassbar, wir kriegen jedes Mal fast einen Herzinfarkt. Wenn du reinsteigst und abspülst, landest du sicher im Zaubereiministerium (Harry Potter Fans wissen, was ich meine).

Morgen kurzes Musikbreak - wir erobern den Weltraum, ik freu mir und hab fun!!

Tagesetappe: 302 Kilometer
Übernachtung: Microtel Inn & Suites by Wyndham Tuscumbia/Muscle Shoals, 1852 Highway 72 East, Tuscumbia, AL 35674

© 2024 Gabi & Jürgen